Nein danke

Location Ostkreuz. Zwei junge Damen, weiß gewandet, beim Verteilen einer Gratiszeitung. „Hier bitte, nehmen sie. Ist umsonst“, flöteteten die leicht fröstelnd daherkommenden Holden die „Welt kompakt“ lobpreisend an.

„Danke nein, ist Springer“, brummte es ihnen en passant entgegen. Ungläubiges Staunen der Verteilerinnen. „Schon wieder einer?“

Kritikaster wie wir

So, so, der Herr Brussig also. Kann man ja mal mach

en. Immerhin hat der gute Herr ja auch mit „Leben bis Männer“ und „Schiedsrichter fertig“ zwei recht bemerkenswerte Stücke über Fußball, das Leben und den Rest des Univ

ersums an sich geschrieben. Als Autor hat er was drauf. Mit großem Vergnügen habe ich seinerzeit „Helden wie wir“ und „Das untere Ende der Sonnenallee“ verschlungen. Und dass mir mein erstes Zusammtreffen mit ihm einen recht peinlichen Auftritt in meiner journalistischen Karriere beschert hat, lag weniger an dem Herrn Autor, denn an mir. Wenn man eine Buchlesung in der lokalen Gazette schön großflächig bewirbt und sich mit dem ach so tollen Artikel brüstet, sollte man nicht so stolz darauf sein, wenn man den Namen des Vortragenden nicht richtig wiedergegeben hat. Als junger Volontär in Eisenhüttenstadt hatte ich mir das u in Brussig für ein ü vormachen lassen. Herr B., also der andere, nicht ich, war nicht sehr amüsiert. Anfängerfehler. Lassen wir das.

Nun soll der gute Herr ja auch leidenschaftlich vor sich hin kicken. Da kann unser gutes Verbandsorgan ihn schon mal in einem Interview zu Wort kommen lassen.Ob man sich aber in seiner Hauspostille so unwidersprochen kritisieren lassen muss, so von oben herab runtergeputzt sehen möchte, lasse ich einmal dahingestellt.

Gerne hätte ich hier die entsprechenden Passagen verlinkt. Aber der VdS ist da eher so OldMedia1.0. Also machen wir das mal auf gute, altmodische Art wie im Studium. Gerlernt ist halt gelernt.

Brussig: „“Der Sportjournalismus steht demzufolge vor dem Problem, dass er permanent mehr aus dem Sport machen muss, als er ist.“ (Sportjournalist 11/2009, Seite 10)

„Das Investigative ist eine Seite, die der Sportjournalismus nicht notgedrungen braucht“. (ebd.)

Und: „Der Sport wird routiniert und gedankenlos abgefeiert.“ (ebd. Seite 11)

„Wir wissen doch, wie Zeitungen sich darin gefallen, Konflikte anzuheizen und damit die nächste Folge der Seifenoper zu schreiben.“ (ebd.)

Tschuldigung, für wen wird der Sportjournalismus noch mal gemacht? Muss ich dafür wirklich Beitrag zahlen, dass ich mich beschimpfen lasse? Ne, so geht das nicht. Zum Glück lieferte Brussig in dem Interview ja eine Herangehensweise für den rechten Umgang mit Druckerzeugnissen gleich mit, in dem er fordert, dass man eine kritisch-spöttische Haltung entwickeln solle.

Machen wir uns den guten Vorschlag gleich mal zu eigen. Wie war das noch gleich mit dem Thema unreflektierte Überhöhung profaner Sachverhalte? Das mit dem Mehr aus etwas machen, als es ist? Die fabulöse Thekenschlampenmannschaft, deren Mitbegründer der kickende Literat ist, hat sich in der ihr eigenen Bescheidenheit einen richtig netten Namen verliehen. Sie nennt sich schlicht Autonoma. Das steht für Autorenationalmannschaft!

Freizeitkicker als Landesauswahl? Ne, ja ist klar. Gut, dass Brussig nichts überhöht.

Szenen meines Lebens VII

Sonntag früh, Göttingen, Bahnhof. Quasi einen Steinwurf von meiner ersten Studentenwohnung unweit der Tagente entfernt. Südseite. Ein wettergegerbtes Gesicht, rauchend auf der Südseite. Wenig später dieselbe Gestalt am Nordausgang, also dem zur City hin. Eingestiegen wie ich in Berlin. Und mir war sofort klar, wo er hin wollte. Auch wenn ich keinem Namen zu dem Gesicht hatte. Karlsruhe war das Ziel. Genau wie bei mir. Hin zum 1.FC Wundervoll auf seinem Trip durchs Abenteuerland namens 2. Liga. Sagte ich schon, dass es früh war? Ich meine, verdammt früh. Eine Abfahrtszeit in der Hauptstadt so um 5.20 Uhr ist kein Zuckerschlecken für eine Protuberose so wie mich. Da schmeckt sogar der beste Kaffee nur nach Nacht.

Irgendwann, also gefühlt nach zwei bis sechs Schlucken meines Bürgertumkaffees (Sorry DB, eure Preise sind einfach nicht mal mehr mit Apothekerpreisen korrekt zu beschreiben), kam man dann doch ins Gespräch. Kurz nach seinem Telefonat mit dem V.I.R.U.S.-Bus. Was man denn sich erhoffe vom Spiel und so. Ob ein Punkt gut oder schlecht wäre („Ich hab nüscht einjeplant“). Und ob die vielen Ausfälle der Mannschaft schaden würden. (Was auch nur eine dusslige Bildschlagzeile war, denn es fehlte ja mit John Jairo nur eine Stammkraft). Dauerte auch nicht lang, bis er sich über seine Sonntagmorgen-Lektüre erregte. Was die wieder schreiben würden. Na aber hallo, da war er ja bei mir gleich an den Richtigen geraten.

Die ebenso dezente wie bewusst gestellte Nachfrage, was er denn so alles zwischen Ostbahnhof und Göttingen gelesen habe, ergab eine rasche Eingrenzung des Problems und die Erkenntnis, dass er sich primär über die BZ erregte und den Inhalt des Kuriers („Die waren nicht ganz so schlimm“) schon fast wieder vergessen hatte. Punkt eins gefiel mir, Punkt 2 war weniger schmeichelhaft, auch wenn er später dann doch inhaltlich leicht revidiert wurde. Denn dass Mac auszufallen droht, hatte er sich dann doch gemerkt.

Doch zurück zur BZ. Wie nicht wenigen Eisernen missfiel ihm das Stilmittel der Übertreibung, die – seiner Meinung nach – stete Suche der Medien nach dem Besonderen, dem Exaltierten. Diesmal ging es um den möglichen Startrekord eines Aufsteigers, den man im Hause Ullstein ausgemacht hatte. „Das interessiert mir nüscht. Die schreiben immer so nen Scheiß. Entweder wir marschieren durch oder sind eine Schrottelf.“ Mal abgesehen davon, das er da nur wieder das bundesdeutsche Leidorgan mit den vier Buchstaben inhaltlich zitierte, blieb die Erkenntnis: Man(n) vermisst Bodenhaftung. BZ, Kurier, alles dieselbe Soße, so sein ernüchterndes Fazit.Alle die Jahre, all das Bemühen, sind die wirklich umsonst gewesen?

Natürlich ließ ich es an vorsichtigen Hinweisen nicht mangeln, dass es manchmal auch auf den Autoren der Geschichten ankomme, man nicht immer alles über einen Kamm scheren dürfe. Die vorsichtige Zustimmung die er in seiner Morgenmuffelei dann herausbrummte, erwies sich aber als vergiftetes Kompliment. „Ja, da ist noch so einer. Der vorne immer die Kolumnen schreibt. Aber nicht der Simon, Der andere.“ Vorne? Kolumne? Der andere? Mist, musste meinen Chef meinen. Die Kommentarspalte ist so etwas wie sein ureigenes Hoheitsgebiet. Selten, dass sich da mal einer seiner Subalternen verlustieren darf. Durch sein leises „Der Bunkus ist nicht so schlimm. Der macht dit janz ordentlich“, wurde ich dann unversehens doch aus meinem Trübsal-Gebläse gerissen.

Na also, da war es doch. Frohlocken! Jubeln. Hosianna. Welcher Autor hört das nicht gerne. Nicht anonym die XYZ-Gazette, nicht das Bunte Blatt oder die Wilde Woche, nein, volle Namensnennung. Dass er mir im gleichen Atemzug allerdings auch noch weiß machen wollte, dass besagter Bunkus ja kaum noch schreibe („Der macht jetzt vorne immer bei Hertha mit“) ließ mich den Glauben an Rezipierfähigkeit unserer Leserschaft aber schon wieder schnell verlieren. Hertha? Icke, äh, ich? Um es mit dem guten alten Schiller (Friedrich, nicht Ingo!) zusagen: Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht.

P.S. Bitte jetzt nicht falsch verstehen. Ich habe nix gegen die alte Dame. Sie langweilt mich nur so unsäglich. Und weiß genau, dass es für die Balltreterzunft in der Hauptstadt besser ist, wenn sie drin bleiben in der Bel Etage des deutschen Fußballs. Derby, wenn sie denn endlich einmal auf der Tagesordnung stehen würden, mögen doch bitte schön im Oberhaus stattfinden. Von Zweitligaduellen „auf Augenhöhe“ keiner was gesagt.

A sort of Home coming

Hohe Luft. Hagenbeckstraße. Planten un Blomen. Vertraute Klänge, daran erinnernd, dass man doch ein echets Nordlicht und in Berlin nur ein Zugereister ist. Ich habe zwar nur die ersten sechs Jahre in der Elbmetrole verbracht, doch wenn man nur 40 km weiter südwärts sein Abi gebaut hat, also dort, wo für den Hamburger der Balkan beginnt, nämlich südlich der Elbe, hatte man die Vorzüge der Hansestadt als Heranwachsnder doch genießen dürfen. Zumindest so viel davon, dass es in den Ohren klingt, wenn der breite hamburgische Akkzent sich in meine Hirnwindungen bohrt.

Apropos Klänge. Manche Menschen kennt man gar nicht im RL, obwohl sie einem sehr vertraut sind, wenn ihr Name erklingt. Womit ich jetzt nicht Twitteraner meine. Sondern solche Personen, die man stets nur am Telefonhörer vernimmt, aber noch nie von Angesicht zu Angesicht gesehen hat. So geht es mir mit unserer Schwesterzeitung. Was lag also näher, da ich mich ja beruflicherweis an der Elbe aufhalte, als das endlich mal zu beenden.

Heute vor der DFB-Pressekonferenz fuhr ich also mal kurz an Griegstraße 75 vorbei, den Kollegen mal die Hand schütteln. Ein Käffchen. Ein Pläuschen. War nett. Wenn auch kurz. Hatten ja zu tun die Kollegen.

Viel faszinierender empfanden meine entzündeten Augen aber das Vis-a-Vis. Nicht mal einen Steinwurf von der MoPo-Redaktion entfernt liegt die altehrwürdige Adolf-Jäger-Kampfbahn, Home des AFC ’93. Es ist einer dieser Sportstäten, an der der Unioner seine helle Freude gehabt hätte. Schalensitze des großen Bruders wurden hier aufgetragen. Eine als Meckerecke bekannte Kurve. Schiefe Traversen, Gras bewachsen. Hach!

Kann mich nicht mal erinnern, ob ich als Kind dort gewesen bin. Später auf keinen Fall. Nicht mal auf meinen Ausflügen als niedersächsischer Verbandsliga-Referee, der ab un dzu im Austausch in der Stadt an der Alster pfeifen durfte. Und doch wallen nur gute Gefühle in mir auf, wenn der Name Adolf-Jäger-Kampfbahn erklingt.

Erinnerte an die Alte Försterei vor der Sanierung. Ein Stück Fußballtradition also. Uwe Seelers Bruder Dieter schnürte sogar zeitweilig seine Töppen für den AFC. Echte Tradition also. Und eine, die sich wohl endgültig dem Ende zu neigt. Angeblich soll das Stadion für 12 Millionen Euro verkauft werden. Regionalligaspiele hatte der DFB den Altonaern bei ihrem kurzfristigen Intermezzo im höherklassigen Fußball vor der Spielzeit 08/09 ohnehin schon verwehrt. Nachvollziehbar vielleicht. Aber schade ist das schon.

Warten auf den Löw

Die Stadt voller Russen. Was nicht weiter verwunderlich ist, wenn die Location Moskau heißt. Aber jetzt sind sie sofort auch äußerlich als solche erkennbar. Fahnen schmücken nicht mehr Masten, sondern Leute und weibliche Hinterteile. Fliegende Händler versuchen die letzten Flaggen, Tompeten und Arschavin-Trikots an den Mann/Frau/Kind zu bringen. Vereinzelt sind auch deutsche Trikots zu sehen. Zumeist rund ums Gum und den Roten Platz.

Die Zeichen mehren sich. Im Gum lockt das putzige Pärchen (oben links) zum großen vaterländischen Spiele. An den Kneipen und Bars werben Plakate für eine Live-Übertragung im Fernsehen. Durchs Hotel flanieren die Altinternationalen wie Hansi Müller. Zahlreiche detusche Schlachtenbummler haben sich auch schon einquartiert. Sollen ja auch 2500 Germanen Augenzeuge werden wollen.

Für meinereiner heißt es jetzt erst einmal warten. Abwarten und Tee trinken. Warten, dass der Pressebus endlich vorfährt, uns zum Lushniki-Stadion rollt. 80 000 Mann werden erwartet. 80 000 fanatische Anhänger der Sbornaja wollen ihre Mannschaft zum Sieg schreien.

Doch bis dahin dauert es noch so lange. Die Sekunden werden zu Minuten, die Minuten zu Stunden, die Stunden zu Tagen. Zumindest gefühlt. Es nervt. Man will, dass es endlich losgeht.

Wie nur die Zeit totschlagen? Mit dem lallseit ustigen Rumsurfen im Netz der Netze ist das so eine Sache. Man weiß nie, was einen im Stadion erwartet. Gibt es Stromanschlüsse, zu denen der Stecker passt? W-Lan ist auch keine Selbstverständlichkeit auf den Tribünen dieser Welt.Eigentlich sollte man immer mit vollem Akku anreisen, ergo den Laptop und andere technische Geräte in den Stunden zuvor schön brav aufladen. Geht aber nur im Zimmer. Und dort ist das W-Lan nicht kostenfrei. Mit satten 960 Rubeln schlägt ein 24h-Zugang zu Buche. Macht man nicht, wenn es in der Lobby die Verbindung ins WWW kostenfrei gibt.

Fans haben es da einfacher. Sie können sich genüßlich bei einer Gerstenkaltschale auf das Kommende einstimmen. Sie können in den Cafs und Bars dieser pulsierenden Metropole verweilen, zum Augenblicke sagen, verweile doch, du bist so schön und sich in aller Ruhe der zahlreichen Schönheiten dirses Landes erfreuen. Den baulichen und den bestiefelten. Den Miniberocken und den maximal Beseelten. Den Genussmitteln in fester und flüssiger Form. Und überhaupt.

Doch lassen wir das. Genug gejammert. Ab ins Zimmer. Strom bunkern.

Nachtrag: Das Warten hat sich gelohnt. Unser Traum wird endlich wahr. Wir sidn zu Gast in Südafrika.

Und daher spendiere ich ein Lied:

Zur Einstimmung, ein Lied

Es stimmt. Die Wettervorhersage, meine ich. Regen. Regen. Und nochmals Regen. Nasse Füße gab es also gratis. Und als Dreingabe einen Temperatursturz.Gut, dass ich einen Schal mit hatte.

Ach so, ja, bevor ich es vergesse. Natürlich gab es auch Достопримечательности. Zu deutsch oder für diejenigen, die der russichen Zunge nicht so mächtig sind (also meinereiner): „Dostoprimetschatelnosti. Ist ja so etwas wie die Wasserscheide zwischen den gelernten Alt-Ossis und uns zugereisten, real existierenden Besser-Wessis. Meine lieben aus Neufünfland stammenden Kollegen beim Berliner Kurier hätten jetzt ihre helle Freude daran gehabt, wenn sie mein verzweifelt Bemühen, dieses Wort im Netz zu finden, angesichtig geworden wären.Sind sie aber nicht. Denn ich sitze ja jetzt unweit der Moskva, des großen Spiels Russland-Deutschland harrend. Zum Glück im Trocknen. Und sie im fernen Berlin.

Verzeiht drum, wenn ich Zweifel hege

Der Aufstieg und der überragende Saisonstart in der Zweiten Liga mit 10 Punkten aus vier Spielen haben offensichtlich auch bei anderen Vereinen Begehrlichkeiten geweckt. Die Qualitäten von Neuhaus scheinen auch andernorts gefragt.“

So steht’s geschrieben, so hört man es gern.Und zwar im Tagesspiegel vom 13. September diesen Jahres. So soll es auch nach Außen wahrgenommen werden. Der Worte hör ich wohl. Allein mir fehlt der Glaube.

Bitte nicht falsch verstehen. Uwe Neuhaus ist ein absoluter Glücksgriff als Trainer für den 1. FC Union. Seine jüngst erfolgte Vertragsverlängerung erscheint in the long run absolut wünschenswert. ABER, und das musste ich groß schreiben, der Zeitpunkt überrascht.

Dabei ist man als Aufsteiger gerade erst in der Liga angekommen. Passiert übrigens Neulingen nicht gerade selten, dass sie einen furiosen Auftakt hinlegen. Nur um dann doch noch nach und nach wieder nach hinten durchgereicht zu werden. Branchentypisch reagiert man dann doch mit einer Trainerentlassung. Oft genug kurz vor oder in der Winterpause.

Ein Szenario, dass ich beim 1.FC Wundervoll für heuer zwar nicht erwarte, was aber wenn doch? Dann hätte man auf einmal eine Abfindung zu bezahlen, die sich nicht auf die eigentliche Restlaufzeit von 6 Monaten bezieht, sondern eine für 30 Monate. Das kann teuer werden.

Der klassische Zeitpunkt für eine Prolongation des Kontraktes wäre der spielfreie Januar. Jeder sieht, wohin die Reise geht, respektive gehen kann. Allein schon tabellarisch. Und zu sagen, man müsste jetzt schon unbedingt verlängern, weil Neuhaus anderenorts Begehrlichkeiten geweckt hat? Mit Verlaub gesagt, Schmarren.

Erstens: Wo ist den im Fußball-Oberhaus ein Job frei? Einer, der reizvoll ist und nicht ein Schleudersitz?  Ich seh keinen, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

Zweitens: Selbst wenn er eins gehabt hätte haben sollen, so what? Er hatte noch einen gültigen Vertrag bis zum Sommer 2010. Den hätte er erfüllen müssen. Oder sich für teuer Geld freikaufen (lassen). Ganz außen vor lassen wir mal die Tatsache, dass er mit Unions Buchhaltung verbandelt ist, ergo daher wenig privates Interesse hat, der Stadt flinken Fußes den Rücken zu kehren.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass man angebliche Angebote lautstark kolportiert, um der ohnehin weniger stark Nachdenkenden und mehr aus dem Bauch heraus reagierenden Fanseele die dringende Notwendigkeit einer pekuniären Anhebung des Salärs des formidablen Übungsleiters schmackhaft machen zu wollen. Doch da man über Geld ja nicht spricht, vor allem wenn man es wie der 1.FC Wundervoll nicht im Übermaße hat, musste ein anderes Argument für die Volksgemeinschaft her.

Wenn man dann – wissend um die kleinen Befindlichkeiten der Hauptstadtpresse – noch ins Kalkül zieht, in welchem Medium diese Version zuerst auftauchte – und es war beileibe nicht der Tagespitzel – dann verstärkt das den Verdacht. Der rastlose Autor mit den drei Buchstaben, der in dem Blatt mit den vier Buchstaben seit Jahren trefflich sein Wesen treibt, ist eh in seiner ganzen Bericherstattungslinie seit jeher mehr auf Funktionärsschreibe denn auf Fanbetrachtung gepolt.  Mit anderen Worten, den Viereinsoberen sollen seine Worte für gemeinhin wohlfeil und genehm erscheinen. Und da, oh Wunder, gab es zuerst die künstlich geschürte Angst, dass man des trefflichen Übungsleiters verlustig gehen könne, wenn man nicht rechtzeitig gehandelt hätte. Hat man ja aber. So dass das Schulterklopfen bei so viel Weitsicht sicher ist.

Wollte man vielleicht auch von anderen Dingen ablenken? Beispielsweise der Tatsache, dass die  einst recht eilig herbeigeführte Trennung vom dubiosen Hauptsponsor millioneschwer vor dem Kadi enden könnte?

Ich bleibe dabei, imho hatte Neuhaus keine Angebote, die das hier und jetzt betreffen. Vielleicht für Juli 2010. Doch Vereine, die im September schon nach einem Chefcoach für die nächste Saison fahnden, sind mir suspekt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass UN so etwas wirklich reizen könnte.

Szenen meines Lebens IV

Wer immer mir in meiner Addolszenz geweissagt hätte, ich würde dereinst beim Boulevard meine Brötchen buttern lassen, der hätte ein schallend Gelächter geerntet. „Du wallraffst wohl gar nichts mehr“, hätte ich ihm in jugendlicher Überheblichkeit fröhlich entgegen geschmettert. Lediglich die örtliche Landeszeitung, die „TV Hören & Sehen“ und den unverzichtbaren Kicker wussten wir in unserem Hause zu halten. Getreuer Begleiter war auch ein aus Hamburg stammendes montägliches Wochenmagazin, das mittlerweile mehr Geld mit Hitler verdient als die NPD.

Nicht, dass ich groß mit den vier Buchstaben und ihresgleichen wirklich zu tun gehabt hätte. Aber das war mir egal. Meine Meinung hatte ich mir gebildet. Und durch so etwas wie Fakten war sie nicht im geringsten zu erschüttern.

Ach ja, der Jugend leichter Sinn. Schnell und eilends fertig mit dem Wort. Weder wusste ich damals was ich werden will. Noch fand ich eine Karriere in der schreibenden Zunft erstrebenswert. Ein Abi-Kollege werkelte zwar in Lüneburg als Volontär in einem Anzeigenblatt und am Sonntag im Sportteil der Landeszeitung vor sich hin. Wir teilten auch die Neigung zum gleichen Fußballklub und für sechs Monate mal eine Wohnung miteinander. Aber als Lehrerkind erschien mir ein Studium und da Interessensbedingt das der Geschichtswissenschaften am natürlichsten.

Meine ersten Gehversuche waren zudem recht heimlicher Natur. Mein mich finanzierend Vater hätte mir so einiges gelesen,  beispielsweise die Leviten, so er denn gewusst hätte, dass ich für ein absolviertes Praktikum während der Vorlesungszeit quasi ein Semester verschenkte.

Auch die illustren Metropolen wie Hameln. Göttingen und Eisenhüttenstadt, in denen ich schreiberisch tätig wurde,  deuteten nicht zwingend auf eine Beschäftigung bei einer Kaufzeitung hin. Wobei ich an letzter Station immerhin schon den Wunsch, dereinst als Sportreporter hauptberuflich tätig  werden zu können, ein großes Stückchen näher gerückt war.

Dann kam der Sommer of Nintynine. Des ewigen Fahrens aus Berlins Speckgürtel nach Franfurt/Oder leid, die Bunkine justamente am Entstehen, stand ich unvermittelt vor der Wahl: Ab nach Hamburg, wo eine stets am Mittwoch erscheinende  Sportzeitschrift meines Kommens harrte? Oder das Angebot vom Alexanderplatz annehmen?

Ich entschied mich für Letzteres. Auch weil der Bunkine werdende Mutter gar zu sehr ihren heimatlichen Gefilden verhaftet schien. An die Alster hätte sie mich kaum begleitet.

Bereut habe ich es eigentlich nie. Immerhin machte so die Bekanntschaft des 1.FC Wundervoll. Manch erbauliches Wortspielchen, zahlreiche Reisen und Bekanntschaften erweiterten meinen Horizont ganz ungemein. Und verhungern musste ich also auch nicht gerade.

Die ursprüngliche Abneigung ist längst kuriert. Mittlerweile bin ich jetzt seit einer Dekade boulevardesk tätig.  Mit Freude am Schreiben. Mit Witzen, die man niemals gedruckt sehen möchte. Manch Wortspiel aus der Hölle erfreute schon die geneigte Leserschaft. Und so soll es auch bleiben. Man tut halt, was man kann.

What a mess

Ich habe einem Freund in England. Hm, stelle bei genauerer Betrachtung gerade fest, dass ich soeben gegen die gute journalistische Grundregel des ersten Satzes verstoße, wonach man mit einem Erdbeben anfangen und sich dann langsam steigern soll. Doch lassen wir das. Kehren wir einfach zu meinem Freund zurück. Der, obwohl Deutscher, seit Jahren auf die Insel ausgewandert ist und sich dort englischer gibt als der freilaufende gemeine Eingeborene.

Dieser Freund war, besser gesagt ist, so eine Art akademische Genie. Zwischenprüfung nach zwei Semestern, nach drei ging es rüber nach London. Masters-Degree, PhD. Alles easy pickings für ihn. Und jetzt arbeitet er seit Jahr und Tag für „History of Parliament“. Er war das, was man so auf gut deutsch als „brainy“ zu bezeichnen pflegte. Muss ich noch erwähnen, dass damit ein gutes Stück Arroganz gepaart war? Ein Herabblicken auf die, die geistig deutlich minderbemittelt waren? Aus irgendeinem für mich nicht erklärbaren Grund hatte er mich und meine akademische Mittelmäßigkeit aber voll ins Herz geschlossen. Diese Schranke, die er gerne anderen gegenüber nutze, stand nie zwischen uns.

Gut, er hat mich mehrfach aufgefordert, ich solle doch meine Staatsexamensarbeit über Shakespeares „Henry V“ drüben bei ihm auf der Insel in eine Doktorarbeit ausbauen. Noch häufiger aber empfahl er mir, ich soll mir doch einfach in Fleet Street einen Job suchen.

Wäre natürlich reizvoll gewesen. Aber das kann ich nicht. Ich bin der englischen Sprache halbwegs mächtig. Ich bin sogar dazu in der Lage gewisse Wortspiele auf Anhieb zu verstehen. Beispielsweise das legendäre „Don’t mention the score“, dass ich glaube „News of the World“ oder die „Daily Mail“ auf ihrem Frontcover führten, als Becks & Co Rudi Völlers als Nationalelf getarnte Freizeitballspieltruppe mit 5:1 vorführte und damit Rache für das „last goal in Wembley“ nahmen.

Ich habe auch über das „ManU of War“ geschmunzelt (von dem ich leider nicht mehr weiß in welcher Gazette es stand), als Manchester United in der Champions League 2007 die Roma mit 7:1 auseinander nahm. Aber ich wäre nie im Leben selber drauf gekommen, aus „Man of War“, also Kriegs- bzw. Linienschiff, oben Erwähntes zu fabrizieren. Dafür ist mir die englische Zunge mit all ihren Puns und Proverbs dann doch nicht vertraut genug. Und die Yellow Press da drüben auf ihrem Eiland ist zwar oft sehr martialisch, aber eben auch sehr wortwitzig. Damit hätte ich mich nie messen können als eventuell Zugereister (Anmerkung: Wer immer ein Bild von den erwähnten Titelblättern hat, möge es mir bitte zu kommen lassen. Ich habe es trotz intensiver Suche leider nicht gefunden).

Also musste ich meinem Freund immer und immer wieder ausreden, mich gen London holen zu wollen. Es gab da einfach kein Betätigungsfeld für mich. Und um dort ein, zwei Monate als „Praktikant“ zu hospitieren, dazu gebricht es mir an Zeit, Geld und überhaupt.

Letzten Mittwoch war es dann aber so weit. Da hatte ich beim Betrachten des Champions-League-Finales zwischen Manchester United und dem FC Barcelona mal eine Eingebung. Nach dem 2:0 der Katalanen hätte ich folgende Headline getitelt:

WHAT A MESS(i)!

Nur eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Sorry my good old friend, ich muss wohl doch hier drüben bleiben.