WM-Fieber

Es geht los. Die Spannung liegt schon in der Luft. Und kein Kneipengespräch, in dem nicht mindestens einmal das ominöse W- Wort  fällt. Sei es ablehnend , von Teilen des holden Geschlechtes (Boah, schon wieder Fußball. Ich dachte, jetzt sei endlich Sommerpause. Jetzt hängst du ja wieder nur vier Wochen vor der Glotze*“). Oder begeisternd zustimmend. Keine Blümlein stand (wetterbedingt) im Revier. Man sah flaggenschmückte Autos dafür. Schland, ’schland, ’schland tönt es landauf und landab.

Ja, das WM-Fieber ist ausgebrochen. 54-74-90-2010!  Absolut. Und es hat geradezu ruinöse Folgen. Kein Ort, an dem man vor einem Tipp-Spiel sicher ist. Ob in den Redaktionsstuben mittels Internet (in der man als Sportreporter schräg angesehen wird, wenn man sich nicht beteiligt), in den Kneipen über altbewährte Fragebögen. Hier mal 5 Euro, da mal nen Zehner. Nicht wirklich viel. Doch ehe man es sich versieht, hat man deren drei oder vier Tipps an  der Backe. Was die Geldbörse im ersten Moment  unmerklich erleichtert, aber von mal zu Mal sich doch akkumuliert.

Mein persönliches Problem ist weniger die sich allmählich einstellenden Aufregung vor dem Abflug auf den Schwarzen Kontinent. Auch die vielen so nett gemeinten Einwürfe („Viel Spaß im Urlaub“, „Pass wegen Aids auf“ oder „Die Anschlagswahrscheinlichkeit wird von den Agenturen auf 80% beziffert“) locken ein mehr oder weniger müdes Lächeln auf meine Lippen. Es mag manche überraschen, aber ich fahre nicht zum Vögeln da hin. Wirklich nicht! Und das letztere kann ich eh nicht beeinflussen.

Nein, was mir Sorge macht, sind die vielen, kleine, eigentlich recht bescheidenen  Wünsche der hier so schnöde zurückgelassenen: Schreibst du mir ne Postkarte dürfte da noch die kleinste Übung sein. Die Bunkine muss auch bedacht werden. Unbedingt. Schließlich sieht sie den Herrn Papa fast fünf  Wochen nicht. Doch Kollege T. möchte schon ein Basecap. Ein anderer Wiederum ein spezielles Rugbyshirt. Nicht fehlen dürfen in den privaten  Wunschkatalogen offizielle Plüschmaskottchen, zahlreiche Programmhefte und FIFA-Broschüren. Und Biltong wird auch nicht unerwähnt gelassen.

Kein einfaches Unterfangen, wenn man ich keinen enttäuschen möchte. Ich mein, ich mag diese Mitmenschen ja. Sonst kämen sie ja auch gar nicht auf den Gedanken, mich nach etwas Erinnernswertem zu fragen. Am besten ich werfe all meine Klamotten am Ende des Turniers weg und fülle meinen Koffer bis zur zulässigen Höchstgrenze von 20 kg mit Souvenirs und Mitbringseln.  Dann sollte ich jeden zufrieden stellen können.

*Kneipe, Freunden, Public-Viewing-Plätzen, andere Plätze Ihrer Wahl

Ich wär‘ dann mal weg

Klingt gut. Zu gut, um wahr zu sein. Und so wäre wohl ein Titel wie „Ich wär‘ dann mal gern weggewesen“ ehrlicher gewesen. Denn es geht hier um Madrid. Nicht Mailand, oder Hauptsache Italien. Nein, nur um Madrid. Um das Endspiel der Champions Legaue am kommenden Sonnabend. Und ich hätt‘ dabei sein können!

Ja, richtig gelesen, letztes Wochenende nach dem grandiosen, hyperformidablen Pokalsieg gegen Werder Bremen ergab sich für mich eine Chance, die ich mir nie hätte erträumen lassen. Ich bekam zu vorgerückter Stunde auf der Siegesfeier der Bayern eine Karte (für lau) offeriert für das Spiel der Spiele, für das grandiose Finale zwischen dem „Feierbiest „Lous van Gaal seiner Truppe und seinem Schüler, den selbsternannten „Special One“ Jose Mourinho und dessen Lombarden! Kurz ich hätte meine Bayern sehen könne, meinen Stern des Südens, der in der spanischen Metropole gegen Inter Mailand um die Krone der Schöpfung der Königsklasse kicken sollte.

Ich hätte einiges dafür gegeben. Einiges, doch nicht alles. Eine Grenze hat halt Tyrannenmacht. Es ging nicht. Das warum ist dabei schnell erklärt. Flüge aus Berlin nach Madrid waren so gut wie ausverkauft. Erst ab 1000 Euro aufwärts gab es noch Tickets. Und die hatten ein paar kleine Tücken. Denn Zwischenlandungen in Paris, Mallorca oder sonstwo beinhalten nun mal das Risiko weiterer Verspätungen. Was nicht gut für meinen Blutdruck gewesen wäre. Und eine Ankunftszeit so gegen 19 Uhr ist auch kein echter Garant für ein zeitiges Erscheinen im Bernabeau.

Tücke Nr. 2 war die schlichte Tatsache, dass ich ein paar Tage länger als spieltechnisch-notwendig in der iberischen Metropole hätte verweilen müssen. Zugegeben, es gibt schlimmere Städte als Madrid im Mai. Aber die Mindest-Verweildauer war auch nicht so ganz kompatibel mit den von meinem Brötchengeber angedachten Arbeitszeiten.  Zudem schreckten mich die Übernachtungspreise  von 250 Euro aufwärts (pro Tag versteht sich!) doch ein klein wenig.

Es ging nicht. Es ging ums Verrecken nicht. 2000 Euro? Nein. Und wenn die Tränchen noch so kullerten.

Und so verpasse ich zum zweiten Mal in meinem Leben das Endspiel in der Königsklasse.Denn schon einmal war ich kurz davor, mit so einen Trip zu gönnen. Zu selig Abizeiten gab es an meiner Penne einiullustres, fußballbegeistertes Jungmannen-Trio. Allesamt Pastorensöhne bzw Enkel. Und so begab es sich eines grauen Mittwochsmorgens, erste Stunde,- Altbau, dass wir im P3 Religionskurs (Prüfungsrelevant, die älteren Semester werden sich erinnern) wie ein Mann aufstanden. Keine Ultrachoreo hätte synchroner laufen können. Da standen wir drei. Wie eine eins. Und  zum Erstaunen unserer Mitspieler, entspunn sich folgender Dialog.  Wir: „Herr H., (Name der Redaktion bekannt), wir müssen jetzt gehen.“ H: „Aber warum denn, meine Herren?“ Wir: „Na wir müssen doch nach München, zum Europacup.“ H: „Meine Herren, ich wünsche Ihnen ein schönes Spiel.“ Hacken zusammenklappen, auf der Stelle kehrt machen und raus war eins. Die verwirrten Blicke unserer Kursteilnehmer im Rücken noch spürend, kletterten wir  in unsere 28-PS-Nähmaschine (aka als Renault 4), gaben das was man so Gas nennt, aber bei disem Wagentyp nicht wirklich dem entspicht. Und ab ging es gen Süden. In den Kassler Bergen ließen wir uns munter von Lastern überholen und kamen irgendwann an der Isar an. Müde, kaputt, aber frohen Mutes. Und das Spiel entsprach unseren Hoffnungen. Aber so was von. Ein 5:0 gegen den RSC Anderlecht im Viertelfinale ließ es uns verschmerzen, dass es schweinekalt war und  nicht mal Glühwein ausgeschenkt wurde.

Und weil es so toll geklappt hatte, sogar die Rückfahrt unmittelbar nach dem Abpfiff hatten wir so erfolgreich bewerkstelligt, dass wir pünktlich am nächsten Morgen wieder in der Schule saßen, bekamen wir Lust auf mehr. Das Mehr war das Halbfinale. Gegner Real Madrid. Wieder ein Mittwoch morgen. Der Dialog mit Herrn H, nahezu identisch („Ja, ja ich weiß schon, Sie müssen nach München zum Europacup. Meine Herren ich wünsche …“).  Und das Spiel noch toller. Neben den Temperaturen gefielen die Hausherren mit einem satten 4:1 gegen die Königlichen. Dass Lothar M. von einem Spanier fast das Ohr abgetreten wurde, ließ sogar die Haupttribüne des bestimmt nicht durch überbordende Emotionen bekannte Sitzplatzpublikum mitgehen. Wahnsinn! Und wir mittendrin!!

Ums kurz zu machen. Wir beschlossen, aller guten Dinge sind drei, auch zum Finale nach Wien zu reisen.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich das Finale verpasste? Aus dem simplesten aller Gründe, wir armen Schüler hatten nicht genug Kohle, die horrenden Schwarzmarktpreise zu berappen. So waren wir dazu verurteilt ohnmächtig am heimischen Stintmarkt in Lüneburg in der Kneipe unseres Vertrauens den kommenden Wahnsinn verfolgen zu müssen. Erinnern Sie sich noch des Dramas? Wir jubelten noch über den Trefer von Wiggler „Ich treff eigntlich nie“ Kögl, als ein unbekannter, nie wieder in Erscheinung tretender Algerier in Portos Diensten mit der Hacke egalisierte. Und wir hatten uns noch nicht wirklich beruhigt, da stand es schon 1:2. Aus der Traum. Und alles, alles  nur, davon waren wir überzeugt, weil wir nicht hingefahren waren.Wir waren schuld! Was zu unserem großen Glück bis heute keiner Uli Hoeneß  gesteckt hat.

Jetzt fahre ich wieder nicht hin. Und hätte sogar eine Karte gehabt. Also Minjheer van Gaal , bitte, bitte, enttäuschen Sie mich nicht. Holen Sie das Triple. Feiern Sie anschließnd so schön wie in Berlin. Und lassen Sie mich bitte, bitte nicht auf ewig schuldig fühlen, wenn es diesmal wieder nicht hinhaut.

Mein Freund Herbert

Ey, Herbert! Musste doch jetzt echt nicht sein, oder? Ich meine, es ist dunkel, ich bin  müde. Regen hat es auch. Und zwar kräftig. Ich sitze in einem mir recht fremden Gefährt italienischer Herkunft, dessen vier Buchstaben im Allgemeinen mit „Fehler In Allen Teilen“ übersetzt wird. Das ist schon anstrengend genug. Hatte ich schon erwähnt, dass die Scheibenwischer quietschen? Hey, alles, was ich will, ist flinken Fußes südwärts dem Domizil meines Cousins zu zu streben. Und dann kommst du.

Ich mein ja nur. Du kennst doch den Tom, oder? Nicht? Na gut, sagen wir mal so, der Herr TomTom ist ja recht stur in seinen Ansichten. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, will er es auch umgesetzt sehen. Dass meiner zudem mit der Stimme des Herrn Schröder spricht, seine Anweisungen also markant und schneidig vorträgt, kommt erschwerend noch hinzu. Und der ordert mich nun, das große Alsterwasser zu meiner Rechten rechts liegen zu lassen und einfach südwärts die letzten 800 m geradeaus zu fahren. Alles easy also, möchte man meinen. Technik, die begeistert.

So weit, so gut. Ne, eher so schlecht. Es kann der beste nicht in Frieden fahren, wenn es der lieben StVO niht gefällt. Menno, merkst du denn gar nix mehr, um es auf hamburgisch zu sagen! Ist der gute alte Gerhard nicht ein Parteikollege von dir? Also was soll der Scheiß? So kann man nicht miteinander umgehen. Auf keinen Fall. Diese Wankelmütigkeit von dir geht mir jetzt echt auf den Keks. Alle paar Stunden wechselst du die Richtung. Ohne dabei Rot zu werden. Mal lässt du einen nur nach Süden, dann wieder nur nach Norden. City einwärts, City auswärts. Schön im Wechsel. Und wehe man schwimmt gegen den Strom. Aber jetzt echt mal ehrlich. Du und ich haben verstanden. Aber mach das mal dem Navi klar. So viel Opportunismus ist echt nicht gut. Nicht mal für einen altgedienten Bürgermeister wie dich!

Wie bitte? Erster Bürgermeister? Na gut, weil du es bist, so viel Zeit haben wir gerade noch. Ändert aber nix an deiner Wankelmütigkeit gegen die die heutige SPD mit ihrer steten Umfallerei gen rechts ein aufrechter Fels in der Brandung ist.

 

Ich hatte es ja nach dem dritten fehl gelenkten Versuch von Tom seinem Tom begriffen, dass ich auf dir zu Nacht dauernder Stunde nicht südwärts durfte. Aber dein Ex-Kanzler mochte das partout nicht einsehen. Immer und immer wieder orderte er mich zurück auf deine widerstrebenden Bahnen. So beharrlich wie er 2005  an der Kanzlerschaft festhielt. So viel Realitätsverlust, das kann schon etwas anstrengen.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich müde war?

Ne, Herbert. So werden wir echt keine Freunde mehr.

Cardiff, 12.30 Uhr, die Frisur sitzt

Nun also Wales, diese 3 Millionen Einwohner umfassenden Halbinsel im Westen von Großbritanien. Genauer gesagt deren Hauptstadt Cardiff. Immerhin noch 300 000 Mann/Frau/Kind/Kegel schwer. Und dann trat herein ins Hilton in den Ballsaal, der Bundesjogi. 12.30 Uhr. fast pünktlich. Und die Frisur saß.

Munter hub er an zu parlieren, ob der gestellten Zielstellung (derer da war, oh Wunder, der Punkte drei), über „högschde Konzentration. Er sang das hohe Lied der Körperlichkeit (auf dem Platz natürlich, nicht was ihr Ferkel schon wieder denkt) und sinnierte über die zwei, drei Überlegungen, die er im Kopf habe bezüglich der Aufstellung . Aber partout natürlich nicht da rauslassen wollte. Andere Trainer läsen ja auch Zeitung, gelle!  Zumindest nicht rauslassen bis zum Anpfiff des WM-Qualifyers gegen die „Roten Drachen“ aus Wales. Und bei all dem saß die Frisur unverrückbar. Zentimetergenau. Festgemauert in die Erden, ach ne, das war was anderes. Tschuldigung.

Dabei spielt der Fußball in Cardiff keine große Rolle. Vom Länderspielfieber war wenig zu merken.Keine Plakate, keine Werbung. Dafür prangte am wunderschön mitten zwischen Innenstadt, schmalen Gässchen und dem Flüsschen Taff  gelegenen Millenniumstadium ein ganz anderer Veranstaltungshinweis:

Scheint so, als ob Rugby die absolute Nr. 1 in Wales ist. So sieht die Schüssel übrigens von außen aus:

Wie ich fast einmal Porsche fuhr

Zu der Jugend glorreich-glorifierten Zeiten gehören ja auch immer zahlreiche Annekdötchen und Geschichtchen, mit denen man sich später gerne brüstet. Logisch, dass Meinereiner so etwas auch in petto hat. So gehörte zu meinem ständigen Reportoire, dass ich einmal zu selig Studenten- wie Vorwendezeiten im beschaulichen Göttingen einmal in einem schmucken und PS-starken 911er gen Berlin gedüst bin, nur um dort auf dem Felde der Ehre Ku’damm mit der Luxuskarosse des Lux ein wenig Lustwandeln zu fahren.

Klingt für einen Otto-Normal-Studiosus mit chronisch defizitärem Geldbeutel kaum glaubhaft. Lag aber bei mir durchaus im Bereich des Möglichen. Denn seinerzeit jobbte ich für einer der großen Autovermietgesellschaften. Dort gehörte es oft zu den Aufgabe, einen Wagen vom Typ XYZ an eine andere Servicestation zu bringen und von dort aus – ob anderer meiner dort harrenden Aufgaben – wieder eilenden Fußes in die Leinestadt zurück zu kehren. Manchmal musste man dafür ein Auto der Gesellschaft nutzen. Manchmal ging es aber nur auf Schienen zurück.

Gut bezahlt war übrigens anders. Auf sagenhaft anmutende 7,50 DM blief sich der üppig Stundenlohn. Jeder Bierzapfer in einer der Göttinger Studentenkneipen – und davon gab es ja bekanntlich nicht so viele – hätte Hohn gelacht, ob dieser Ausbeutung. Trinkgeld war zudem ein Fremdwort. Von Nachteil war auch, dass man mit dem Führerschein Klasse III ja auch Lkws fahren durfte. Zwar nur die bis 7,5 t. Aber wer noch nie in so einem Schrankwandgefährt gesessen, kann sich kaum vorstellen, wie viel Blut und Wasser man auf einer Jungfernfahrt durch die Kassler Berge schwitzen kann. Allein schon die Druckluftbremsen sorgten mit ihrem Geräuschpegel regelmäßig für Alarmstufe Rot in meinen zarten Eingeweiden.

Doch es gab – neben der Möglichkeit zahlreiche neue Autotypen kennen zu lernen und damit techisch auch als Nicht-Auto-Freak einigermaßen Up-to-date zu sein – auch ein paar angenehme Seiten. Die Rückfahrt im Zug galt als bezahlte Arbeitsfahrt. Ich meine, hey, für 7,50 DM in der Stunde bezahltes Spiegel lesen? Wer hat das schon?

Eine andere Form der Entlohnung war dann übrigens das Überführen von sogenannten Luxus-Karossen an weiter entfernte Orte. Brachte reichlich Stunde zusammen. Und man kam so umsonst zu Freunden oder Kumpels hin und wieder zurück und durfte ein paar Stunden Cabrio fahren. Oder halt auch mal einen Porsche!!!

Letzteres ist mir zwar nie ernsthaft wiederfahren. Aber alle meine sport- und technikbegeisterten männlichen Kommilitonen, wissend um diesen Studentenjob, wirkten recht neidsch,  wenn ich forschen Blickes, mit flinker Zunge und wieder besseren Wisssens stets behauptete, in die heutige Hauptstadt geporscht zu sein.

Auch heute noch habe ich oft mit Autovermietungsgesellschaften zu tun. Jobbedingt düse ich ja viel zwischen den Stadien dieser Republik hin und her.Da kommt es schon mal vor das der Autoverleiher meines Vertrauens einem ein etwas nobleres Gefährt als gebucht anvertraut. Als kleines Danke schön für die Treue, die man seiner Station hält. Die Boni der auch nicht gerade übermäßig entlohnten Servicestationsleitern richten sich ja auch nach ihrem entsprechenden Jahresumsatz …

Neulich war es mal wieder soweit. Noch ganz in meine Morgemuffelei vertieft, schreckte mich der Hinweis auf das mir anzuvertrauende Gefährt aus meinen Gedanken. Da stand er, der typische Penisersatz, ein feuchter Männertraum in Lack und Leder. Ein klassischer 911. Targa? Carrera? Alles scheiß egal. Jetzt konnt ich das Versäumte nacholen, Erfundenes endgültig zu den Akten legen und wieder ein ehrlicher Mensch werden. „Sie haben ja keine Mitfahrer heute, oder“, vernahm ich noch den freundlichen Satz, der mich aus all meinen wohlfeilen PS-Träumen riss.

Mitfahrer? Doch, hatte ich. Sogar deren drei. Mit schwerem Gepäck, weil Fotografen. Also musste ich schweren Herzens darauf verzichten. Und doch wohl wieder zu meinen alterfundenen Geschichte zurück kehren …

So musst das Emden

Ui, ui, Steffi, bist du dir da sicher, was du da machst? Ich meine, wir Unionfans haben doch einen Ruf zu verteidigen. Da kann man den Herren Ordnungshütern doch nicht. So etwas wirft ja das ganze schöne, beidseitig festgezurrte Weltbild durcheinander. Womöglich singt ihr demnächst auch noch. „Alle Stullen sind meine“ oder so. Oder gar „Grün, grün, grün, sind alle meine Kleider.“ Ach ne, das geht ja nicht, wir sind ja rot-weiß. Tschuldigung. Kleines Missgeschick. Kann ja mal vorkommen.

Schade eigentlich, dass ich nicht dabei bin. Wäre sicherlich ne lustige Tour geworden. Der Kneiper meines Vertrauens am Steuer, die ganze Baggage dabei. Aber der Ligaendspurt ruft, und mit ihm mich der Ruf des Vaterlandes, äh der der Redaktion. Da ist heute Werde bei Wolfsburg, Holland in Not, und wir voll in Action bei neun Bundesligaspielen, die zeitgleich abgefrühstückt werden müssen.

Wanmomi?

„Wanmomi?“ Irgendwie war ich irritiert. Wie bitte? Äh sorry, falsche Sprache: What? „Wanmomi?“ Äh, wie jetze? „Wanmomi?“ Die Frage, so viel ließ sich immerhin durch Satzmelodie feststellen, wurde in ebenso freundlicher Hartnäckigkeit wie steigender Tonart vorgetragen.

Der geneigte Leser weiß es ja breits, dass ich mich derzeit in Cardiff befinde. Und auch des idioms, dass man gmeinhin für die weltsprache nr,1 hält so halbwegs mächtig bin. Doch dieser Satz, vorgetragen mit stoischem Gleichmut und dem professionellen Lächeln des indisch-pakistanischen Kulturraumes, überforderte meine Sprachkenntnisse. Es ließ sich auch nich auf die zahlreichen Nebnegräusche wie Tellerklappern, Löffel-rühren oder Küchen-Gebrutzel schieben. Ich verstand ihn einfach nicht. Indisches Englisch ist halt doch eine ganz eigene Weltsprache.

Was man von mir gewollt hatte, dämmerte so langsam, nachdem besagte Person dann freundlichst ein kleines Kännchen Milch für meinen Kaffee auf dem Frühstsückstisch abstellte.

Ticket to ride

Frank hatte mich gewarnt. Nicht hier so schnell fahren. In diesem Tunnel sind die Radaranlagen fest installiert. Hätte er das mal am Eingang gesagt und nicht erst mittendrin. Nun habe ich den Salat. Neben meinem alten Lieblingsbriefschreiberling (Landespolizeipräsident von Berlin), dessen Kontonummer ich schon archiviert habe, buhlen jetzt die thüringischen Ordnungshüter um meine geschätzte Aufmerksamkeit (und neben der erwartete Rücksendung des Anhörungsbogens halt noch ein bisschen mehr).

Nun gut. Kann man nix machen. 30 € sind ja noch erträglich. Mich ärgern nur immer diese gestelzt-bürokratischen Formulierungen dieser Wegelagerer. So spricht kein Mensch („als Führer und Halter“). Man müsste die mal ein bisschen verwirren in ihrer ordnungsliebhabenden Erstarrung. Die Schlusssätze (“ Bitte zahlen sie ab Zugang … bla bla bla … In diesem Fall bitte ich, von der Rücksendung des Schriftstückes abzusehen“) bringt mich doch auf eine kleine, aber feine Idee.

Ich werde die Kohle prompt überweisen. Und der Bitte nicht Folge leisten und den Anhörungsbogen trotzdem zurückschicken. Könnte die Bürokratengehirne ein wenig verwirren. Hoff ich zumindest.

Vorsprung durch Technik?

Sonntag, eine Fahrt nach Hamburg. Union kickte beim HSV II. 14 Uhr war Anstoß. Einfache Strecke von Berlin aus. Abfahrt Punkt 9.45 Uhr. Rauf auf die A 24, dann wie beim eisgekühlten Bommelunder einfach immer geradeaus. Bis zur Hansestadt halt. Dort flugs die Horner Rampe raus, anschließend nur easy going zum Was-weiß-ich-denn-wie-dieses-Stadion-gerade-mal-wieder heißt. So weit der Plan.
Ein guter Plan. Doch leider hatte es ja schon der gute Bert Brecht beschriehen: ja mach nur einen Plan und sie ein großes Licht und mach auch einen zweiten Plan, geh’n tun sie beide nicht. Denn was in der Theorie so einfach scheiterte an der normativen Kraft des Faktischen. Vollsperrung der A 24 vor der Abfahrt Horn in beide Richtungen wegen Brückenarbeiten. Megastau schon vor Jenfeld. 3-2-1, ne nicht ebay. Sondern Spurverengung und Ableitung über Abfahrt Jenfeld. Eine Schnecke hatte recht gute Aussichten einen dabei zu überholen, so sie denn dazu gewillt gewesen wäre.
Das Problem : Hilfe-wo-bin-ich? konnte noch einfach gelöst werden. Navi angeschmissen. Dieses Wunderding moderner Technik, das einen mit einer liebsäuselnden Frauenstimmen wie Geisterhand sicher von dort nach da führt. Dank dem stattlichen Exemplar von Beifahrer neben mit, der technikverliebt ohnehin schon während der Stauzeit uns absolut beruhigt hatte, weil sein automatisches Verkehrs-Leitsystem die Zeit bis zur Ankunft hochrechnete. Und von Minute zu Minute uns klar machte, den Anstoß werden wir wohl nicht mehr erleben.
Um auf Nummer sicher zu gehen, schmiss er neben dem Navi in seinem Handy auch noch das Bordeigene an. Doppelt gemoppelt hält besser. Klappte auch formidabel. Die Informationen ratterten nur so hervor. Im Ton freundlich, in der Sache aber bestimmt wiedersprachen sich jetzt beide Damenstimmen ob der einzuschlagenden Routen, der Entfernung und der vorausberechneten Ankunftszeit. Die ein wollte nach rechts, die andere nach Links. Mal wies die eine weniger Kilometer zum Ziel auf, mal die andere. Fehlte nur noch, dass die beiden sich einen echten Zickenkrieg geliefert hätten … Und wehe man wagte seine rudimentären, aber durchaus vorhandenen Ortskenntnisse einzusetzen und intuitiv einen eigen Weg einzuschlagen. Dann waren beide Damen vollends beleidigt Eine Aufforderung zu Umkehr war das mindeste, was sie einem zur Wiedergutmachung abverlangten.
Und mittenmang in der Hansestadt auf einmal neben uns der Wagen des Union-Präsidenten. Voll besetzt. Und sportlich unterwegs zu dem gleichen Ziele wie wir. Den verloren wir allerdings in Bälde aus den Augen, weil er offenbar weder der einen noch der anderen Damen folgen wollte, sondern sich für Variante C entscheiden hatte, die meine beiden Mimosen so gar nicht präferrierten. Wie müssen die sich geärgerte habe, als dann der Präsi das Ziel (wie es sich für einen modernen Industrieboss gehört just in time) auch noch zwei Minuten vor uns erreichte? Ob der ein männliches Navi besaß?

Hätte meine beiden Damen gerne mal dazu befragt. Aber die schwiegen ja jetzt am Ziel angezickt rum.