Wenn die offenen Haare wehen

Neulich im Cabrio. Eine mehr als laue, eigentlich eher heiß zu nennende Sommernacht. Zwei Päärchen beim Einsteigen. Die Mädels kurzharig, braun und schwarz. Und als das Verdeck aufklappte kam schon die erste – aber wohl nicht ganz ernst gemeinte – Beschwerde. „Jetzt lässt du also wieder meine Frisur zerstören.“

Tief blicken ließ dann doch was anderes, als der Wagen sanft anzurollen begann im Sommerwind: „Das sind so die Momente,wo man sich lange blonde Haare wünscht“, seufte es hinter dem Fahrer. Gut, dass ich das nicht gesagt habe. Dann wäre wieder der Teufel los gewesen von wegen man sei auf Äußerlichkeiten fixiert … :))

Hört das denn nie auf?

Eigentlich dachte ich, alles wäre raus. Bis auf die Klemmlampe von IKEA, die sie unbedingt noch wieder haben möchte. Selber sich in Ausgaben zu stürzen, die 10 Euro invetstieren und eine neu zu kaufen, daran dachte sie nie (Warum auch? Kostet Geld, was man als Schwäbin nicht freiwillig ausgibt. Und deshalb erkundigt man sich vorsichtshalber auch lieber gar nicht, ob die Nebenkostenabrechnugn für 2006, also als wir noch zusammenwohnten, eventuell eine Nachzahlung erforderlich macht. Aber das ist halt eine andere Geschichte und soll ein ander mal erzählt werden).

Zurück zur Lampe. Weil das Nachfolgemodell ein klein wenig anders aussieht, will sie die ihre zurück. Sie hatte die beiden mal als Päärchen gekauft. Und sie möchte doch so gerne im trauten Glück wiedervereinigt wissen. Kann man verstehen, kann sie jetzt haben, habe das Ding neue gekauft.

Aber das war nicht, was mich bewegte. Sondern etwas viel kleineres. Was mich umso mehr aufwühlte. Ein simpler Knopf! Gehörte zur ihrem silbernen Satin-Schlafanzug. Und fand sich jetzt unvermittelt in der Schublade wieder, wo eigentlich meine Socken gemütlich rumlungern. Eine kleine Erinnerung an bessere Zeiten …

Warum?

Ohnehin schon eine böse Frage. Diesmals traf sie mich unvermittelt. Ich im Auto, auf dem Rücksitz drei Miniweibsen – alle so sieben oder acht Jahre jung – unterhielten sich auf einmal darüber, wie schlimm es sei, für all die Scheidungsweisen in ihrer Klasse. Und vorneweg die Bunkine. XYZ hätte es doch gar nicht so schwer. Schließlich lebe der Vater ihrer besten Freundin in der Schweiz. Und ihr Papa erst – seit Jahren in Berlin (also nur knapp 15 km entfernt :.). Und als ich versuchte darauf hinzuweisen, dass wir uns fast jede Woche sehen, dass ihre Mama und ich uns gut verstehen würden, gab es eine knallharte Frage von ihrer besten Freundin: Warum seit ihr dann nicht mehr zusammen?

Was sagst du da?

Konflikt weitet sich aus

Und nun? Jetzt hat meine/unsere gute Freundin K. ein Problem. Wen einladen zu ihrem 30. Wiegenfeste? Sie will es sich mit keinem von uns verderben. Ist ja ihr gutes Recht.

Mir fallen dazu nur DtH ein:

Irgendwann kommt für jeden mal der Tag,
an dem man sich entscheiden muss,
auf welcher Seite man im Leben ist,
auch wenn es noch so sehr weh tut.

Warum?

Sie hat geweint. Nein, nicht bei mir. Die Blöße gibt sie sich nicht. Sondern bei unserer gemeinsamen Freundin. Sagte, sie sei so unglücklich.

Was will sie? Mitleid? Oder dass sich die Situation ändert? Dann soll sie mal ihre Verhaltensweisen überprüfen, ob sie nicht auch Fehler gemacht haben könnte. Vielleicht kommt sie dann drauf.

Ich habe ihr genug Signale gesendet. Irgendwann kann man nicht mehr.

Späte Ladung

Um Viertel vor Elf klingelte mein Handy. Eigentlich genau zwei Minuten nachdem sie aufgelegt hatte. St. war dran. Ausgerechnet St. Sie war mal ihre Freundin gewesen. Aber eine, die nicht gut für sie war. Und auch nicht für unser Leben. Unzuverlässig, egoistisch. Zu jeder Tages- und Nachtzeit hatte sie angerufen, ihr Herz über die Männerwelt ausgeschüttet. Und davon hatte St. eine Menge und oft zu erzählen, weil sie entgegen ihren eigenen Wünschen ziemlich unstet durchs Leben wandelte, sich wie die Bienen mal hier mal dort niederließ.

Bei ihrem Auszug war St. noch da, half nach Kräften mit. Ohne St. hätte sie damals bestimmt die Kraft nicht aufgebracht. Das ironische daran: wenig später hat sie ohne mein Zutun erkannt, dass St. nicht gut für sie ist, sie ausnutzt. Das Tischtuch zwischen den beiden ist jetzt zerschnitten. Gut für sie. Besser eine späte Erkenntnis als keine.

Wie dem auch sei, ausgerechnet St. lud mich für den nächsten Abend zu ihrer Geburtstagsfete ein. Nicht ganz freiwillig, sondern auf Intervention unser gemeinsamen Freundin K.. Ich wollte da nicht hin. Wegen St. Und doch versuchten mich K. und ihr Freund M. zu überzeugen, ich solle mal wieder unter Leute kommen. Ja sicher richtig, aber doch nicht bei St.! Was also tun? Doch hingehen? Und mir ausgerechnet von St. helfen lassen, die für viele betrübliche Stunden in meiner Beziehung mitverantwortlich gewesen war? Ablehnen? Hätte sie mir übelgenommen. Egal wie kurzfristig ihre Einladung gekommen war. Nun ja. Ich hatte ja Zeit bis zum nächsten Abend, konnte mir das noch ein paar mal durch den Kopf gehen lassen.

Plötzlich war sie da

Plötzlich war sie da. Unangemeldet. Der Schiri hatte gerade angepiffen, als sie auf der Pressetribüne erschien. Seit fünf Tagen hatte sie keinen Laut von sich gegeben. Keine Mail, keine SMS, kein Anruf. Und nun stand sie da, als wäre nie etwas passiert. Als wüsste sie nicht genau, dass ihre Anwesenheit mich in meiner Arbeit stören würde. Weil all mein Denken wieder nur bei ihr sein würde. Tauche ich auf ihren beruflichen Terminen auf? Und dazu noch ohne Vorwarnung!

Hatte der Sonntag, als sie mir anchgelaufen war, nicht genug gezeigt? Erst saßen wir in einem Cafe, habe ein paar Gläser getrunken. Und dann leider Gottes doch geredet. Quintessenz: bedingungslose Liebe gäbe es nicht mehr! (Aber ist es nicht gerade ein Zeichen von Liebe, keine Bedingungen zustellen? Sondern einfach zu geben?) Und es sei für sie ein verdammt gutes Gefühl, nicht mehr kontrolliert zu werden. Mit anderen Worten, endlich könne sie tun und lassen, was ihr gefällt, sich in allen erdenklichen Richtungen austoben. Nun ja, wenn es dass ist, was sie will, warum genießt sie es dann nicht und wühlt in der Vergangenheit? Warum mit reden wollen, statt mich mit meinem Schmerz allein lassen?

Dann nahm sie mich doch mit zu ihr. Doch nur um an meiner Schulter zu kuscheln. Und sorry, bei aller Liebe, als normal veranlagter Mann,der seit den rund zwei Monaten seiner Trennung Enthaltsamkeit geübt hatte (oder üben musste ;-)), konte das im wahrsten Sinne des Wortes nicht befriedigen. Wie soll Mann da auf andere Gedanken kommen, wenn ein warmer, weicher, vetraut riechender, stark vermisster süßer Frauenkörper sich an einen schmiegt? Und dann noch die Frau, für die meine Gefühle unvermindert vorhanden sind. Was sie weiß! Also ging ich. Was noch etwas dauerte. Denn rund 15 Minuten standen wir im Flur, redeten in Englisch aufeinander ein. Und als gar nichts mehr ging, kamen all ihre alten Vorwürfe. Weil sie nicht sehen, wollte (Konnte?), dass ich versucht hatte einiges zu ändern. Aber so etwas ist nun mal ein Prozeß und geht nicht von heute auf morgen …

Nun brach sie wieder in meine Welt ein. Eien, die sie zwar im Lauf der Jahr kennengelernt und gelegentlich besucht hatte. Aber die nicht die Ihre war. Zumindest nicht beruflich. Und schon gar nicht private! Eine Welt, die mehr als nur mein Job ist. Da stand sie nun unvermittelt beim Anpfiff. Neue Frisur, neue Jacke (die, die wir vor unserer Trennung gemeinsam angekuckt und dann doch nicht gekauft hatten). Doch kein Wort von ihr an mich direkt. Außer ein, zwei Kommentaren zum Spiel. Auch danach war sie irgendwo von der Bildfläche und im VIP-Raum verschwunden. Als ich schon längst gegangen war, kam ein dann ihr Anruf, wo ich denn sei. Ob ich nicht noch in den VIP-Raum käme? Klasse!

Sie ist mir nachgelaufen …

Sie ist mir nachgelaufen. Eineinhalb Tramstation lang. „Bleib doch mal stehen“, flehte ihre Stimme aus dem Handy. Als ich mich umdrehte, sah ich sie an der Kreuzung hinter mir. Die Ampel war rot.

Dabei hatte ich ihr doch zu verstehen gegeben, dass ich sie nicht sehen wollte. Wirklich nicht konnte. Ihre Mail in der sie um ein Treffen am selbigen Abend bat, war auch so sachlich gewesen, so unpersönlich, als ob man ganz beiläufig einen alten Bekannten nach Jahren mal wieder rein zufällig getroffen hat.

Freiräume für sich selber fordern, ach was rede ich, die totale Freiheit verlangen, sie sich immer hinten rum heimlich zu nehmen, aber jetzt mir den nötigen Abstand nicht gönnen wollen. Den Abstand, den ich einfach brauche, um meiner Gefühle Herr zu werden.

Trotz meiner E-Mail-Absage hatte sie dann angerufen. Seit Wochen erstmals auf dem Handy und nicht hinten rum auf meinem Festnetz. Also dort, wo kein Anrufbeantworter dran ist, sondern ich nur die ISDN-Nummer erkennen kann. Jetzt der Anruf auf meinem Handy: Wo ich denn sei. Sie würde hinkommen. Ich wollte nicht. Und sagte es ihr noch mal. Und deutlich. Weil ich keinen Sinn darin sah. Wir würden doch wieder nur in alte Verhaltensmuster fallen. Daher mein eiliger Aufbruch. Und während ich die Alle runter eilte, dem Alex entgegen, kam sie mit der Tram hoch. Mich sehen, an der nächsten Haltestelle raus springen und mir nachrennen und gleichzeitig anrufen war eins: „Bleib doch mal stehen!“ Und da stand sie nun …

Irgend was bleibt immer

Was macht eigentlich, wenn man alle Rätsel des Tages geraten, alle Sudokus dieser Welt gelöst hat? Die Steuererklärung? Wäsche waschen, aufhanängen und wieder abnehmen. Und dann selbst bei so einer mechanischen Verrichtung stellt man fest: irgendwas bleibt immer. Wie ihr „Socken-Memeory“. Das passende zueinanderfinden zweier einzelnen Strümpfe, damit sie das bilden, was wir nicht mehr sind.

Immer mehr wächst die Wut und Enttäuschung über mich selber. Das ich all die Zeichen nicht sehen wollte, die Augen davor verschlossen habe und immer weiter rein investiert habe in etwas, was längst tot war. Das all die Gespräche über Zukunft leere Rituale waren, wenn ihr Handeln eine immer andere Sprache sprach.

Nun ja, selber schuld.

Einsamkeit ist langsamer, qualvoller Tod.

Irgend was bleibt immer

Der Tag hält nicht, was er versprochen hat …

Fing eigentlich ganz gut an alles heute. Nicht jeder Gedanke galt ihr. Ausnahmsweise fats keiner. Und dann kam eine Mail, mit der sie sich dafür entschuldigen wollte, dass sie sich nicht gemeldet hätte nach ihrer Rückkehr aus den Staaten. Aber sie sei dienstlich für ein paar Tage weggewesen und hätte keine Zeit gehabt. Halbwahrheiten, wie immer. Hat sie schon vergessen, dass sie mich am letzten Mittwoch von ihrem Festnetz aus bei mir zu Hause angerufen hat? Da war sie schon wieder einige Tage im Lande. Wie soll man da Vertrauen haben?

Die Abschiedsformel „Gruß und Kuss“ macht mich nur wütend. Geküsst hat sie mich doch eh nicht mehr seit damals, als sie auch dem anderen nicht nur den Kuss verweigerte.

Und schon sind meine grauen Zellen wieder nur mit dem einem Thema beschäftigt. Mit ihr, die ich immer noch liebe. Na super ….