Verzeiht drum, wenn ich Zweifel hege

Der Aufstieg und der überragende Saisonstart in der Zweiten Liga mit 10 Punkten aus vier Spielen haben offensichtlich auch bei anderen Vereinen Begehrlichkeiten geweckt. Die Qualitäten von Neuhaus scheinen auch andernorts gefragt.“

So steht’s geschrieben, so hört man es gern.Und zwar im Tagesspiegel vom 13. September diesen Jahres. So soll es auch nach Außen wahrgenommen werden. Der Worte hör ich wohl. Allein mir fehlt der Glaube.

Bitte nicht falsch verstehen. Uwe Neuhaus ist ein absoluter Glücksgriff als Trainer für den 1. FC Union. Seine jüngst erfolgte Vertragsverlängerung erscheint in the long run absolut wünschenswert. ABER, und das musste ich groß schreiben, der Zeitpunkt überrascht.

Dabei ist man als Aufsteiger gerade erst in der Liga angekommen. Passiert übrigens Neulingen nicht gerade selten, dass sie einen furiosen Auftakt hinlegen. Nur um dann doch noch nach und nach wieder nach hinten durchgereicht zu werden. Branchentypisch reagiert man dann doch mit einer Trainerentlassung. Oft genug kurz vor oder in der Winterpause.

Ein Szenario, dass ich beim 1.FC Wundervoll für heuer zwar nicht erwarte, was aber wenn doch? Dann hätte man auf einmal eine Abfindung zu bezahlen, die sich nicht auf die eigentliche Restlaufzeit von 6 Monaten bezieht, sondern eine für 30 Monate. Das kann teuer werden.

Der klassische Zeitpunkt für eine Prolongation des Kontraktes wäre der spielfreie Januar. Jeder sieht, wohin die Reise geht, respektive gehen kann. Allein schon tabellarisch. Und zu sagen, man müsste jetzt schon unbedingt verlängern, weil Neuhaus anderenorts Begehrlichkeiten geweckt hat? Mit Verlaub gesagt, Schmarren.

Erstens: Wo ist den im Fußball-Oberhaus ein Job frei? Einer, der reizvoll ist und nicht ein Schleudersitz?  Ich seh keinen, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

Zweitens: Selbst wenn er eins gehabt hätte haben sollen, so what? Er hatte noch einen gültigen Vertrag bis zum Sommer 2010. Den hätte er erfüllen müssen. Oder sich für teuer Geld freikaufen (lassen). Ganz außen vor lassen wir mal die Tatsache, dass er mit Unions Buchhaltung verbandelt ist, ergo daher wenig privates Interesse hat, der Stadt flinken Fußes den Rücken zu kehren.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass man angebliche Angebote lautstark kolportiert, um der ohnehin weniger stark Nachdenkenden und mehr aus dem Bauch heraus reagierenden Fanseele die dringende Notwendigkeit einer pekuniären Anhebung des Salärs des formidablen Übungsleiters schmackhaft machen zu wollen. Doch da man über Geld ja nicht spricht, vor allem wenn man es wie der 1.FC Wundervoll nicht im Übermaße hat, musste ein anderes Argument für die Volksgemeinschaft her.

Wenn man dann – wissend um die kleinen Befindlichkeiten der Hauptstadtpresse – noch ins Kalkül zieht, in welchem Medium diese Version zuerst auftauchte – und es war beileibe nicht der Tagespitzel – dann verstärkt das den Verdacht. Der rastlose Autor mit den drei Buchstaben, der in dem Blatt mit den vier Buchstaben seit Jahren trefflich sein Wesen treibt, ist eh in seiner ganzen Bericherstattungslinie seit jeher mehr auf Funktionärsschreibe denn auf Fanbetrachtung gepolt.  Mit anderen Worten, den Viereinsoberen sollen seine Worte für gemeinhin wohlfeil und genehm erscheinen. Und da, oh Wunder, gab es zuerst die künstlich geschürte Angst, dass man des trefflichen Übungsleiters verlustig gehen könne, wenn man nicht rechtzeitig gehandelt hätte. Hat man ja aber. So dass das Schulterklopfen bei so viel Weitsicht sicher ist.

Wollte man vielleicht auch von anderen Dingen ablenken? Beispielsweise der Tatsache, dass die  einst recht eilig herbeigeführte Trennung vom dubiosen Hauptsponsor millioneschwer vor dem Kadi enden könnte?

Ich bleibe dabei, imho hatte Neuhaus keine Angebote, die das hier und jetzt betreffen. Vielleicht für Juli 2010. Doch Vereine, die im September schon nach einem Chefcoach für die nächste Saison fahnden, sind mir suspekt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass UN so etwas wirklich reizen könnte.

Ich erkläre die Saison für verlängert

Werbung ist so eine Sache. Manche geht. Anderes geht gar nicht. Meistens geht es leider absolut nicht. Und langweilt nur. Wobei ich wohlgemerkt zu der Gattung Mensch gehöre, die für gut gemachte Commercials einiges übrig hat.

Jüngst fiel mein Blick auf ein außerordentlich gelungenes Exemplar von Annonce. Eine einem Hamburger Fußballklub nahestehende Autofirma veröffentlichte ganzseitig Nachstehendes. Ein anderer  Ansatz als bei meinem kürzlich,  zugegebenermaßen recht  einseitig, verordnetem Dekret. Ging aber in toto in dieselbe Richtung. Andere Stelle, gleiche Welle, sozusagen.

Dieses Überholverbot wäre in der Tat ein gar sehr zu Begrüßendes. Ob als Nr. 1 oder als Spitzenzweiter. Aufstieg ist Aufstieg ist Aufstieg! Und die Schatzmeister beider Vereine könnten sich sogar in dieser Spielzeit noch kräftig die Hände reiben. Ich erkläre die Saison für verlängert!

Jetzt kommt zusammen, was zusammen gehört

Ein Rentnerehepaar, ordentlich gekleidet, auf Stadtbesuch. Mit staunenden Augen betrachten sie durch die rollende S-Bahn-Fenster diese Stadt, die ja nicht zwingend durch Sauberkeit bestimmt ist.   „Kuck mal, der  nimmt echt die Zeitung aus dem Mülleimer wieder raus“, flüstert sie ihm angewiedert zu. „Der scheint Springer irgendwie nicht zu mögen“, kontert er trocken, als der Müllwühler die BZ angeekelt wieder zurück schmeißt.

Szenen meines Lebens IV

Wer immer mir in meiner Addolszenz geweissagt hätte, ich würde dereinst beim Boulevard meine Brötchen buttern lassen, der hätte ein schallend Gelächter geerntet. „Du wallraffst wohl gar nichts mehr“, hätte ich ihm in jugendlicher Überheblichkeit fröhlich entgegen geschmettert. Lediglich die örtliche Landeszeitung, die „TV Hören & Sehen“ und den unverzichtbaren Kicker wussten wir in unserem Hause zu halten. Getreuer Begleiter war auch ein aus Hamburg stammendes montägliches Wochenmagazin, das mittlerweile mehr Geld mit Hitler verdient als die NPD.

Nicht, dass ich groß mit den vier Buchstaben und ihresgleichen wirklich zu tun gehabt hätte. Aber das war mir egal. Meine Meinung hatte ich mir gebildet. Und durch so etwas wie Fakten war sie nicht im geringsten zu erschüttern.

Ach ja, der Jugend leichter Sinn. Schnell und eilends fertig mit dem Wort. Weder wusste ich damals was ich werden will. Noch fand ich eine Karriere in der schreibenden Zunft erstrebenswert. Ein Abi-Kollege werkelte zwar in Lüneburg als Volontär in einem Anzeigenblatt und am Sonntag im Sportteil der Landeszeitung vor sich hin. Wir teilten auch die Neigung zum gleichen Fußballklub und für sechs Monate mal eine Wohnung miteinander. Aber als Lehrerkind erschien mir ein Studium und da Interessensbedingt das der Geschichtswissenschaften am natürlichsten.

Meine ersten Gehversuche waren zudem recht heimlicher Natur. Mein mich finanzierend Vater hätte mir so einiges gelesen,  beispielsweise die Leviten, so er denn gewusst hätte, dass ich für ein absolviertes Praktikum während der Vorlesungszeit quasi ein Semester verschenkte.

Auch die illustren Metropolen wie Hameln. Göttingen und Eisenhüttenstadt, in denen ich schreiberisch tätig wurde,  deuteten nicht zwingend auf eine Beschäftigung bei einer Kaufzeitung hin. Wobei ich an letzter Station immerhin schon den Wunsch, dereinst als Sportreporter hauptberuflich tätig  werden zu können, ein großes Stückchen näher gerückt war.

Dann kam der Sommer of Nintynine. Des ewigen Fahrens aus Berlins Speckgürtel nach Franfurt/Oder leid, die Bunkine justamente am Entstehen, stand ich unvermittelt vor der Wahl: Ab nach Hamburg, wo eine stets am Mittwoch erscheinende  Sportzeitschrift meines Kommens harrte? Oder das Angebot vom Alexanderplatz annehmen?

Ich entschied mich für Letzteres. Auch weil der Bunkine werdende Mutter gar zu sehr ihren heimatlichen Gefilden verhaftet schien. An die Alster hätte sie mich kaum begleitet.

Bereut habe ich es eigentlich nie. Immerhin machte so die Bekanntschaft des 1.FC Wundervoll. Manch erbauliches Wortspielchen, zahlreiche Reisen und Bekanntschaften erweiterten meinen Horizont ganz ungemein. Und verhungern musste ich also auch nicht gerade.

Die ursprüngliche Abneigung ist längst kuriert. Mittlerweile bin ich jetzt seit einer Dekade boulevardesk tätig.  Mit Freude am Schreiben. Mit Witzen, die man niemals gedruckt sehen möchte. Manch Wortspiel aus der Hölle erfreute schon die geneigte Leserschaft. Und so soll es auch bleiben. Man tut halt, was man kann.

Spekulatius, Spekulatius

Der Umgang mit Gerüchten und Spekulationen. Es ist immer wieder faszinierend zu beobachten, wie diejenigen, die sie entweder verursacht haben oder sie ausräumen könnten, dazu beitragen, dass sie sich zu ihrem eigenen Unwillen halten oder gar über das Stille-Post-Prinzip ausweiten.

Hertha-Manager Dieter Hoeneß flüchtet sich oft und gerne in die Phrase „Ich beteilige mich nicht an Spekulationen“, wenn er um klare Auskünfte beispielsweise bei Transfers gebeten wird. Dass er damit die Fragestellung verfehlt, ist zwar berufsbedingt erklärbar, macht die Sache aber nicht besser. Ein „kein Kommentar“ oder ein klares Dementi wären imho da viel besser.

Noch schöner aber wird es, wenn ein Berufssportler sich am Ende darüber mokiert, dass an allen Ecken und Enden geredet wird, aber nie das direkte Gespräch gesucht wird. Was so einfach nicht stimmt. Denn all den Gesprächsversuchen hat er sich vorher konsequent entzogen. Ja sogar seine Mailbox mit einem falschen Namen versehen, um lästigen Fragestellern die Kontaktaufnahme zu erschweren. (Und ja ich weiß, dass das auch eine Art von Humor ist. Aber nicht jeder ist ein wandelndes Filmlexikon.)

Und wenn er dann auch noch interpretierbare Äußerungen („Ich bleibe gerne, wenn niemand was dagegen hat“) von sich gibt (und selbst die – Diva, die er nun mal ist – nur vor laufenden TV-Kameras), im Grunde also das Feuer schürt, über dass er sich beklagt, darf er sich einfach nicht wundern, dass er in den Medien weiterhin die Schlagzeilen bestimmt. Nicht immer ist da, wo Rauch ist, auch wirklich Feuer. In den meisten Fällen aber schon. Es ist halt alles eine Frage von Ursache und Wirkung. Und von einem ehrlichen Umgang miteinander.

Der lachende Dritte

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Sagt der Volksmund. Nun ist wohl hinlänglich bekannt, dass in der Heldenstadt an der Weißen Neiße die Anhänger zweier Vereine sich seit Jahrzehnten herzlichst in inniger Ablehnung verbunden sind. Der VfB alias Lok gegen die Sachsen, vormals Chemie. Blau-Gelb vs. Grün-Weiß. Verfeindete Brüder eben. Und sei es nur im Geiste. Manch geknicktes Nasenbein, so es denn des Sprechens kundig, wüsste davon zu berichten. Eine Rivalität, die den Sport in der Geburtsstätte des Deutschen Fußballbundes lähmt, die Stadt spaltet. Das war schon immer so. Und wird auch wohl immer so bleiben.

Versuche, die beiden Streithansel zu einem konstruktiven Miteinander zu bewegen, blieben erfolglos. Selbst Bayern-Manager Uli Hoeneß unterschätzte den an Autismus grenzenden Starrsinn der Rivalen. So konnte er mit seinen Bajuwaren benefizspielenderweis anno dunnemals nicht gegen eine Stadtauswahl der Provinzkicker antreten, sondern musste  – so viel Ordnung  muss auch für einen Rekordmister sein – je eine Halbzeit gegen die Elf aus Propbstheida  und aus Leutzsch absolvieren.

Einen tut die ewigen Rivalen eigentlich nur ihr chronischer Misserfolg. Der Begriff Profifußball hat es in Leipzig locker auf die Liste der aussterbenden Worte gebracht. Er herrscht sich selbst beweihräuchernde Fünftklassigkeit. Mit anderen Worten Tristesse. Außerhalb ihres begrenzten regionalen Raumes nimmt die „Gebrüder aus Leipsch“ keiner mehr richtig war. Lok und der FC Sachsen sind wie der berühmte Hamster im Laufrad. Sie ackern viel, kommen aber nicht von der Stelle.

Doch diesen Sommer ist im Leipziger Schneckenrennen alles anders. Ein eigentlich unbedeutender und zuvor wenig besuchter  Spielgefährte, der nicht mal in den Gemarkungen der Stadt zu Hause ist, schickt sich an, mit wenigen Zügen viel Boden gut zu machen und den Eindringlingen, äh Platzhirschen erbittert Widerstand zu leisten. Ja, mehr als das. Das bunte Potpourri der Leipziger Unzulänglichkeiten könnte auf einmal ein jähes Ende finden. Noch wird die Rolle des lachenden Dritten zwar nicht wirklich ausgefüllt, blieb eher einem das Lachen im Halse stecken. Geburtswehen nennt sich das wohl. Ansonsten ist man aber schon voll bei der Sache. Mit gar weit reichenden, hochfliegenden Plänen. Aufstieg alle zwei Jahre. Bis hin zur Bundesliga. So steht es in den Businessplänen der umtriebigen Brauseverkäufer. Auch der Umzug in Dr. Kölmels gar nicht mal so kleine Privatsspielstätte ist schon beschlossene Sache. Der Kleine twittert auch schon munter durch die Lande. Dank der Österreicher, die zuvor von den Traditionalisten in Leutzsch vom Hof gejagt wurden und nun quasi durch die Hintertür zurück nach Leipzig gekommen sind, will man den Etablierten künftig die Butter vom Brot nehmen und sie endgültig von den ersehnten Fleischtöpfen des sächsichen Kicker-Himmels vertreiben.

Was natürlich den beiden arg verfeindeten Brüdern so gar nicht schmeckt. Pfui,  wie unfein, rufen sie und sind sich ausnahmsweise einmal einig über den „unehelich“ aufgetauchten kleinen Spross mit den großen Ambitionen. Rasen Ballsport RedBull Leipzig, ne, das gehe ja nun mal gar nicht. Das sei Kommerz pur, schnöder Verrat am Fußball. Der Tanz um das goldene Kalb, zetern nun die beiden Lordsiegelbewahrer der reinen Kicker-Kunst in lustvoller Einigkeit um die Wette. Was die dem Gedanken der Planwirtschaft verhafteten roten Bullen herzlich wenig schert. Mittlerweile schlägt den aufgrund ihrer Finanzkraft als Bayern der Oberliga geschmähten so viel inniger Hass entgegen, den bislang der FC Sachsen und Lok eigentlich nur für sich gegenseitig übrig hatten.Die Spiele der Noch-Markranstädter gegen die Tradionsklubs gelten als die Saisonhöhepunkte in der NOFV-Oberliga Staffel Süd.

Noch lässt die sportliche Auseiandersetzung mit dem Feind im eigenen Vorgarten auf sich warten. Unterdess steht nun das Derby an. Das Echte! Am Sonntag. Im Zentralstadion. Mit vielen, echten Fans, Polizei en masse als schmückendem Beiwerk und großem regionalmedialem Tamtam. Wie es sich eben gehört. Und darauf gehört es sich eingestimmt. Und siehe da, weil die Angst vor dem unliebsamen Dritten, und der eigenen, künftigen Bedeutungslosgkeit so groß ist, kommt es zu ungeahnten, von der lokalen Presse lustvoll hochgejazzten Allianzen. Krieg schafft seltsame Bettgenossen. MAZ ab:

What a mess

Ich habe einem Freund in England. Hm, stelle bei genauerer Betrachtung gerade fest, dass ich soeben gegen die gute journalistische Grundregel des ersten Satzes verstoße, wonach man mit einem Erdbeben anfangen und sich dann langsam steigern soll. Doch lassen wir das. Kehren wir einfach zu meinem Freund zurück. Der, obwohl Deutscher, seit Jahren auf die Insel ausgewandert ist und sich dort englischer gibt als der freilaufende gemeine Eingeborene.

Dieser Freund war, besser gesagt ist, so eine Art akademische Genie. Zwischenprüfung nach zwei Semestern, nach drei ging es rüber nach London. Masters-Degree, PhD. Alles easy pickings für ihn. Und jetzt arbeitet er seit Jahr und Tag für „History of Parliament“. Er war das, was man so auf gut deutsch als „brainy“ zu bezeichnen pflegte. Muss ich noch erwähnen, dass damit ein gutes Stück Arroganz gepaart war? Ein Herabblicken auf die, die geistig deutlich minderbemittelt waren? Aus irgendeinem für mich nicht erklärbaren Grund hatte er mich und meine akademische Mittelmäßigkeit aber voll ins Herz geschlossen. Diese Schranke, die er gerne anderen gegenüber nutze, stand nie zwischen uns.

Gut, er hat mich mehrfach aufgefordert, ich solle doch meine Staatsexamensarbeit über Shakespeares „Henry V“ drüben bei ihm auf der Insel in eine Doktorarbeit ausbauen. Noch häufiger aber empfahl er mir, ich soll mir doch einfach in Fleet Street einen Job suchen.

Wäre natürlich reizvoll gewesen. Aber das kann ich nicht. Ich bin der englischen Sprache halbwegs mächtig. Ich bin sogar dazu in der Lage gewisse Wortspiele auf Anhieb zu verstehen. Beispielsweise das legendäre „Don’t mention the score“, dass ich glaube „News of the World“ oder die „Daily Mail“ auf ihrem Frontcover führten, als Becks & Co Rudi Völlers als Nationalelf getarnte Freizeitballspieltruppe mit 5:1 vorführte und damit Rache für das „last goal in Wembley“ nahmen.

Ich habe auch über das „ManU of War“ geschmunzelt (von dem ich leider nicht mehr weiß in welcher Gazette es stand), als Manchester United in der Champions League 2007 die Roma mit 7:1 auseinander nahm. Aber ich wäre nie im Leben selber drauf gekommen, aus „Man of War“, also Kriegs- bzw. Linienschiff, oben Erwähntes zu fabrizieren. Dafür ist mir die englische Zunge mit all ihren Puns und Proverbs dann doch nicht vertraut genug. Und die Yellow Press da drüben auf ihrem Eiland ist zwar oft sehr martialisch, aber eben auch sehr wortwitzig. Damit hätte ich mich nie messen können als eventuell Zugereister (Anmerkung: Wer immer ein Bild von den erwähnten Titelblättern hat, möge es mir bitte zu kommen lassen. Ich habe es trotz intensiver Suche leider nicht gefunden).

Also musste ich meinem Freund immer und immer wieder ausreden, mich gen London holen zu wollen. Es gab da einfach kein Betätigungsfeld für mich. Und um dort ein, zwei Monate als „Praktikant“ zu hospitieren, dazu gebricht es mir an Zeit, Geld und überhaupt.

Letzten Mittwoch war es dann aber so weit. Da hatte ich beim Betrachten des Champions-League-Finales zwischen Manchester United und dem FC Barcelona mal eine Eingebung. Nach dem 2:0 der Katalanen hätte ich folgende Headline getitelt:

WHAT A MESS(i)!

Nur eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Sorry my good old friend, ich muss wohl doch hier drüben bleiben.

Ganovenehre

Es gibt ja so etwas wie Ganovenehre. Und nicht umsonst heißt es, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Doch es gibt so Dinge, die treiben einen mich auf die Palme. Jüngst war es diese undifferenzierte Meinungsäußerung zu Unionfans. Zu Tage getreten mal wieder im Bayernländlle.

Das brachte mich dann dazu, dem werten Verfasser oben verlinkter Zeilen dann doch den kleinen, nachfolgenden Leserbrief zu senden. Obwohl weiß, dass es nicht helfen wird, diese falschen Ansichten aus den Köpfen rauszukriegen:

Sehr geehrter Herr Kollege Michael Stadik,

mit Entsetzen musste ich in Ihrem Artikel die Bemerkung lesen, dass die Fans von Union Berlin ein „atemberaubendes Potenzial“ an Gewalt-Fans haben.

Ich will jetzt auch nicht groß auf Ihr nicht haltbare Gleichsetzung Ultras sind gleich Hooligans eingehen. Diese Behauptung ist schlicht Unsinn.

Ich begleite diesen Verein seit nunmehr 10 Jahren als Redakteur des Berliner Kuriers journalistisch durch die deutschen Lande. In der Masse der Fälle ertrugen die Unionfans selbst bitterste Momente wie Abstiege (Ahlen 2004) und peinlichste Schlappen (0:7 in Köln) mit Spott und beißendem Humor. Was Ihnen durchaus Respekt in der bundesweiten Fußballfanszene eingetragen hat.

Dass die Eisernen auch einen Teil „gewaltbereite Fans“ in ihren Reihen haben, werde ich nicht bestreiten. Dass gerade die jüngeren Fans, also die Ultras, mit der Staatsmacht nicht viel am Hut haben und ihren Unmut über zahlreiche Drangsalierungen stets verbal kund tun, stimmt auch. Dass die Unionfans zahlreich anreisen und dabei gerne sehr laut sind, was von Otto-Normal-Bürger oft als Bedrohungspotential wahrgenommen wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Gilt aber im übrigen auch für Fangruppierungen anderer Vereine von Bundesliga bis Regionalliga, die in einem großen Tross anreisen. Worauf Sie aber diese Superlativ-Mutmaßungen des „atemberaubenden Potenzials“ stützen wollen, ist mir hierbei absolut schleierhaft.

Sie widersprechen sich in Ihrem Artikel ja sogar selbst, wenn sie den Ingolstädter Polizeichef Ignaz Brunner mit den Worten zitieren, es seien nur ganz wenige Fans, die Schlägereien suchen würden. Wo steckt dann bitte das atemberaubende Potenzial?

Vielleicht in der Reisefreudigkeit der Unionfans? Im Schnitt verfolgten diese Saison 7177 Besucher in Berlin die Spiel der Eisernen? Das sind damit 1343 durchschnittliche Besucher mehr, als Ingolstadt aufweisen kann. In so einer hohen Fanzahl sind natürlich immer auch ein paar Gewaltbereite. Und doch drängt sich einem der Eindruck auf, dass in den beschaulichen Mittel- und Kleinstädten ihres herrlichen Bundeslandes manch Einsatzleiter schlicht und einfach überfordert ist mit der Masse der Anreisenden? Und daher bewusst das hohe Lied vom angeblich riesigen Gewaltpotenzial singt?

Könnte es sein, dass Sie einfach eine polizeiliche Meinung übernommen haben, ohne diese kritisch zu hinterfragen? Was ja eigentlich zu unserem Job gehört. Handwerk also!

Sie hätten sich nicht einmal aus ihrem Bundesstaat hinaus begeben müssen bei Ihrer Recherche, um andere Erfahrungen und Meinungen bezüglich der Unionfans bekommen zu können. Fragen Sie doch mal in Unterhaching nach. Oder in Burghausen. Bei der U23 des FC Bayern. Begegnungen dort verliefen trotz der polizeilicherseits im Vorfeld zu Risikospielen hochstilisierten Partien absolut friedlich über die Bühne.

Kann so etwas vielleicht nicht nur den so erfolgreichen, präventiven Maßnahmen vor solchen Partien geschuldet sein, sondern einer generellen friedlichen Einstellung dieser Fans? Die Sie denen aber leider abgesprochen haben.

Mit reservierten Grüßen

Mathias Bunkus