Ich Böser, ich

„Sie wollen was?“ Ein pädophil veranlagter Massenmörder hätte bei einem zufälligen Outing keinen menschenverachtenderen Blick ernten können. So etwas verantwortungsloses wie mich, so die kundigen Blicke der Verkäuferin, hatte sie ihr Lebtag noch nicht erblickt. Um diese Jahreszeit? Pfui, Spinne.
Es tat mir auch in der Seele weh. Ja, ich wusste sofort um meine Verfehlung. Wie konnte ich auch nur auf den aberwitzigen Gedanken kommen, einen Schneeschieber haben zu wollen! Im Winter!! Immer das gleiche mit den jungen Leuten. Nur Grütze im Kopf! Wochenlang alles vergessen und wenn dann der Schnee unvermittelt über sie hereinbricht,sich wundern und auf nichts vorbereitet sein. Und mit so etwas musste sie sich jetzt jeden verdammten Tag herumschlagen.
Vor meinem geistigen Auge zog ein Heer von frisch auf dem Eis Gefallenen, die ich verschuldet hatte ob meiner vernachlässigten Fürsorgepflicht. Millionen litten arge Pein, quälten sich mit frisch erlittenen Brüchen. Von inneren Hirnschädel-Traumata wollte ich hier erst gar nicht anfangen. Die Leute in Friedrichshain werden künftig die Straßenseite wechseln, wenn sie meinen Weg kreuzen. Seht her, das ist er. Ja, genau der, der ausgerechnet im Winter einen Schneeschieber haben wollte!!
Ihr „Also wissen, Sie“, riss mich aus meinen Gedankenströmen. Viel fehlte nicht, und sie hätte mich der Ordnung halber umgehend bei der Polizei angezeigt.
Geschah mir recht! Mit einer hilflosen Geste der Entschuldigung trollte ich mich mit hängenden Schultern von dannen. Wie hatte ich nur ein derartig unmoralisches Unterfangen an sie herantragen können, ihre wertvolle Zeit verplempert. Dass ich eigentlich nur ein Ersatzgerät käuflich hatte erwerben wollen, weil ich die Plastikschneeschaufel meiner Ex beim nimmermüden Eiseinsatz kaputt bekommen hatte, traute ich mich nicht mehr als Entschuldigung vorzubringen. Mit ein bisschen mehr Verantwortungsgefühl hätte ich mir ja im Sommer schon einen kleinen Vorrat an Wintergeräten zulegen können …

Mir/Es graut der Morgen

Tomorrows To-Do-List:

1) Ausschlafen (wird von mir mit einer nahezu weltmeisterlich anmutenden Perfektion erledigt werden)

2) Wagen von Schnee und Eis befreien (wird ohne des durch des Frühlings holden belebenden Blick schon schwieriger, muss aber als machbar eingeschätz werden)

3) Wagen starten (und da fängt das Grauen an. Ganz bestimmt)

Denn mein treuer Weggefährte .. Sagte ich übrigens schon, dass ich ihn Henry getauft habe? Mit dem Kleiner Zusatz, der Vierte. Also müsste ich hier um präzise zu sein von Henry IV sprechen. Der Einfachheit halber bleibe ich aber bei Henry, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich meine, erstens kennen Henry und ich uns nunmehr zweieinhalb Jahre. Also kann man von einer gewissen Vertrautheit sprechen. Und zweitens ist es einfacher so. Wirkt nicht so hölzern und gestelzt.

Doch zurück zu Henry. Die Sache ist nämlich die. Er ist ein Franzose. Und der vierte seiner Art in meinem Hause. Daher auch die Vier. Mist, ich schweife schon wieder ab. Was ich sagen wollte ist dies, hm, wie nenn ich das Kind nur beim Namen? Henry ist ja so sensibel. Wenn er das hier mitkriegt … Also kurz gesagt, manchmal ist er etwas schwach auf der Brust. Was ich ja hier schon mal zart andeutete.Kurz, das lbeste Fahrzeug aller Fahrzeuge französischen Fabrikates hat sich noch nie an der Leistungs- und Ausdauerfähigkeit des berühmten Duracell-Häschens orientiert, sondern ging da seiner Landsmannschaft entsprechend stets seine eigenen Wege. Und dies wie gesagt auch schon mal im Sommer, wenn ich ihn gar zu lang ignorierte und im wilden Friedrichshain darbend und nach Bewegung gierend schnöde am Wegesrande einen guten Mann sein ließ. Friedrichshain, hauchen Sie entsetzt? Etwa …? Ja,  eben jenes wilde, unbotmäßige, sich mit letzter Kraft dem sterbenden parasitären Kapitalismus widersetzende Friedrichshain, in dem Sommers wie Winters als Zeichen des Protestes lustige Feuerchen mit den bunten Wägelchen veranstaltet werden.

Wer würde da nicht Angst kriegen so er denn aus Metal gebaut und vier Räder sein eigen nennt. Zumal wochenlang und mutterseelenallein. Autos sind ja auch nur Menschen und wollen nicht sträflich vernachlässigt werden. Wenn man das macht, geschieht es einem ganz recht, das man ihrerseits brutal mit Liebesentzug gestraft wird. Was nie einfacher umgesetzt ward, als durch einfache Funktionsverweigerung schon beim Anlassen. Und das auch schon mal im Sommer …

Dem geneigten Leser wird es beim Blick aus dem Fenster auch nicht entgangen sein, dass wir gerade was haben? Richtig! Winter. Die Zeit, in der neben den Jahresendzeitflügelfiguren allerlei Engel in gelb  Hochkonjunktur haben. All die Pferdestärkchen unter den blechernen Hauben frieren herzergreifend. Dem Henry seine nun auch schon weit über 10 Tage. Ob er mir das wieder mal übel nimmt?

Oh Henry, mir graut vor dem Morgen, dass ich wieder auf Altmeister Goethes Spuren wandeln muss. Gilt wirklich nomen est omen? Heinrich! Schaun mer mal …

Blue rulz

L: Hamburg. Eine stino Bäckerei. Denn wenn man schon mal da ist in der norddeutschen Tiefebene, ist eins für mich Pflicht. „Ein Franzbrötchen, bitte“, so die in freudiger Erwartung vorgetragene Bitte. Womit ich nicht gerechnet hatte, war das Stakato der Verkäuferin. In einem ICE-Ähnlichen Tempo trug sie aufzählenderweis etwas vor, an dessen Ende ich so etwas wie „was für eins“ zu vernehmen glaube. Nicht ganz sicher, was denn nun von mir erwartet wurde, stammelte ich ein „Ein ganz normales“.

Hach,da war ich aber an die Richtige geraten. „Normal ist nicht“, schoss es mir entegegen, unmittelbar gefolgt von einer erneuten Aufzählung der Varianten. Hatte ich das Tempo schon erwähnt? Und ganz ehrlich, muss man den alles so verkomplizieren? Ein Franzbrötchen ist ein Franzbrötchen ist ein Franzbröchen. Dachte ich eigentlich. Aber mit mir zugereistem Touristen kann man es ja machen. Musste der Morgen denn so schwierig beginnen?

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Auf hoher See und vor Gericht sei man in Gottes Hand. Und vor dem Gesetz sind ja angeblich all gleich. Was ja nicht stimmt. Aber hier keine Rollle spielt. Wo wir aber gleich sind, ist das Wetter. General Winter hält alle in seinem Bann. Und so standen sie alle fein säuberlich aufgereiht entlang des Rastplatzes. Benz neben VW, Peugeot neben den Toyotas dieser Welt. Wie in einer Perlenkette. Die Motorhauben hoch geklappt wie gierige Schlünder und die Götter des Frostes flugs mit dem frisch erworbenen einheitsblauem Antigefrierschutzzeug für die Scheibenwaschanlage milde gestimmt. Gleicher geht nicht. Deutschland einig Nachfüllland.

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Kopfsteinpflaster ist der Stöckelschuhe und des Radfahrers natürlicher Feind. Erst recht, wenn es so richtig schön verschneit ist. Darum werde ich es nie verstehen, wie man „hoch zu Ross“ dabei auch noch telefonieren muss. Ein Kollege von mir ist auch ohne Nutzung des Handys bei solchen Witterungsbdingung gestürzt. An den Folgen des Kreuzbandrisses laboriert er noch heute. Schien der jungen Dame, die sich zweiradmäßig gen Innenstadt bewegte, nicht zu kümmern. Manche Gespräche müssen furchtbar wichtig sein, dass sie unaufschiebar scheinen. Da kann man schon mal Leib und Leben riskieren.