Urgent

Nun habe ich es schriftlich. Ich mein‘ aj nur, gewusst habe ich es ja eh schon. Vielleicht nicht immer so wirklich wahr haben wollen. Ich bin alt! Scheintot sozusagen. Und so etwas tut echt weh!

Rief ich den nach der Zeit fragenden Kids, die mich höflich siezten, nicht immer ein „Ihr könnt mich duzen“ hinterher? Da wähnte ich mich noch voll geistiger Frische und Gedankenkraft und dann das! Kann doch nicht wahr ein. Hey, ich folge dem Web2.0, auch wenn es nicht begreife. Ich blogge, surfe, bediene Gesichtsbuch ohne Unterlass. Sogar Emoticons verstehe ich meist, ohne sie nachzuschlagen. Ich habe einen Job, der wahrlich nicht dem Nine-to-Five-Modus entspricht und in dem man rumkommt und die Welt sieht. Sogar das Cup der Guten Hoffnungen zuweil. Ich sah mich umgürtet von jugendlichem Elan, dem allein die Anzahl der Lenze leicht widersprachen. Aber die sah man mir nicht zwingend an. Zumindest nicht deren alle!

Doch jetzt hatte ich den Beweis vor Augen geführt bekommen. Vom Gottvater des Infozeitalters, von „Mr. Wikipedia“ höchstpersönlich. Und wem, im Zeitalter der Informationen, soll man denn besser Glauben schenken denn Wikipedia? Eine niederschmetternde Erkenntnis. Nun wurde es zu meinem persönliche Wikileaks!  Beim kurzweiligen Besuch eines Rockkonzertes am westlichen Rande der Stadt wurde mir klar gemacht, dass ich nicht nur ein klein wenig älter als meine hübsche Begleitung gewesen bin, sondern leider doch wirklich im fortgeschrittenen Erwachsenenleben angekommen sein muss. Denn die laute dröhnende Musik, die uns da im Festungsambiente feilgeboten wurde, wird einem bestimmt Genre zugeordnet, von dem ich zwar noch nie zuvor gehört hatte, aber im Namen schon das unausweichliche Grauen klang: Adult Oriented Rock, kurz AOR.

AOR? Was soll das denn sein? Außerordentliche Respektsperson, oder was? Es schüttelte mich. Mit dem Erwachsenenleben ist das ja so eine Sache. Meist fühlt man sich noch jung. Und ehe man sich es versieht, fressen einen Verantwortung, Geldsorgen und Alltagsgeschehen auf. Kein Wunder, dass manch einer sich davor drückt, die Schwelle zu diesem Bereich seines Lebens zu übertreten. Und macht es dann doch. Zwangsweise. Egal wie viel Angst man davor hat. Meist merkt man das auch nicht bewusst. Es ist ein schleichender Prozess, der sich seinen Weg bahnt Das studentische Du konnte dem eine Weile Einhalt gebieten. Aber nicht für immer. Man ist dann halt auf einmal so ein Adult! Erwachsen! Klingt nach Maloche pur, wenig Spaß und viel Verantwortung. Hey, kümmerte ich mich nicht genug um mein Leben? Folge ich nicht den Prinzipien des Hedonismus? Getting as much fun out of your life as you possibly can? Eben. Mussten da die Herren Foreigner und Journey mich so en passant wirklich in so eine Schublade stecken (lassen), nur weil ich auf ihre Musik stand? Also nett ist anders!

Kleiner Trost für alte Damen

Man soll ja nett zu alten Damen sein. Über die Straße helfen und so (ohne Yeah!). Also ersparen wir der einstmals im Wedding gegründeten Sportkameradin aus Charlottenburg nun die verdiente Häme, weisen nicht daraufhin, dass der Sportsfreund Michael P. derzeit einer Schallplatte mit Sprung gleicht:

„Wir sind der Überzeugung, dass Friedhelm Funkel der richtige Trainer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist“, sagte Michael Preetz (42), der Geschäftsführer Sport von Hertha BSC. Der eine oder andere Beobachter fühlte sich beim Pressegespräch des Berliner Bundesligisten wie in einer Zeitmaschine. Wenn das Tabellenschlusslicht am Sonntag Heimrecht gegen den Hamburger SV genießt, wird erstmals Funkel auf der Hertha-Bank sitzen (17.30 Uhr, Olympiastadion). Nur, den identischen Satz hatte Preetz mehrfach benutzt, zuletzt vor einer Woche. Da jedoch hieß der Trainer Lucien Favre.

Also machen wir der alten Damen doch einmal Mut., und betrachten die Lage der Liga nach Spieltag 7 und am Schluss. Getreu dem alten Satz, dass Ranglisten rocken, zuletzt sehr schön gelesen beim Blogfreund @nolookpass, wollen wir doch jetzt Hertha mal frei nach Tenacious D mutig die Socken aus den Schuhen rocken. Ihr seit noch nicht abgestiegen: Schaut her:

08/09 Borussia Mönchengladbach  3 Punkte
07/07 Energie Cottbus                        2 Punkte
06/07 VfL Bochum                               4 Punkte
05/06 1.FC Nürnberg                           3 Punkte

04/05 Hansa Rostock                           5 Punkte
03/04 1. FC Köln                                   3 Punkte
02/03 1. FC Kaiserslautern                 3 Punkte
01/02 VfL Wolfsburg                            3 Punkte
00/01 Energie Cottbus                         4 Punkte

99/00 MSV Duisburg                             3 Punkte
98/99 VfL Wolfsburg                            4 Punkte
97/98 Hertha BSC                                 2 Punkte*

Das kann man sich ruhig mal auf der Zunge zergehen lassen. 9 (* Mannschaften in Fettdruck)  von 12 Schlusslichtern des 7. Spieltages schafften den Klassenerhalt. 75% der Klubs, seit Hertha anno 1997 die Erstklassigkeit wieder erklommen hatte, konnten sich noch retten. Sie alle sprangen dem Tod von der Schippe.

Wobei es unerheblich war, wie viele Zähler auf dem Konto sich zuvor „angehäufelt“ hatten. Zwei Punkte bedeuten nicht das Aus für Cottbus in der Spielzeit 07/08, zwei Zähler nicht für die blaue-weißen Berliner in der Aufstiegssaison. Fünf Zähler halfen Hansa aber seinerzeit auch nicht groß dabei, die Kogge musste der Erstklassigkeit am Ende adieu sagen.

Was lernen wir daraus? Es kommt nicht drauf an, dass es gut ist, es kommt drauf an, dass es rockt. Und im Gegensatz zu Herrn Lulu-Lala Favre, hat Funkels Friedhelm zumindest äußerlich viel mehr das Zeug dazu, als Rockstar durchzugehen.

P.S: Und ja, ich weiß, dass das keine echte Rangliste, sondern nur eine simple Auflistung ist. Aber Rangliste und rocken war so eine schöne Alliteration. Man möge mir diese kleine Ungenauigkeit verzeihen. Danke.