Wie ich fast einmal Porsche fuhr

Zu der Jugend glorreich-glorifierten Zeiten gehören ja auch immer zahlreiche Annekdötchen und Geschichtchen, mit denen man sich später gerne brüstet. Logisch, dass Meinereiner so etwas auch in petto hat. So gehörte zu meinem ständigen Reportoire, dass ich einmal zu selig Studenten- wie Vorwendezeiten im beschaulichen Göttingen einmal in einem schmucken und PS-starken 911er gen Berlin gedüst bin, nur um dort auf dem Felde der Ehre Ku’damm mit der Luxuskarosse des Lux ein wenig Lustwandeln zu fahren.

Klingt für einen Otto-Normal-Studiosus mit chronisch defizitärem Geldbeutel kaum glaubhaft. Lag aber bei mir durchaus im Bereich des Möglichen. Denn seinerzeit jobbte ich für einer der großen Autovermietgesellschaften. Dort gehörte es oft zu den Aufgabe, einen Wagen vom Typ XYZ an eine andere Servicestation zu bringen und von dort aus – ob anderer meiner dort harrenden Aufgaben – wieder eilenden Fußes in die Leinestadt zurück zu kehren. Manchmal musste man dafür ein Auto der Gesellschaft nutzen. Manchmal ging es aber nur auf Schienen zurück.

Gut bezahlt war übrigens anders. Auf sagenhaft anmutende 7,50 DM blief sich der üppig Stundenlohn. Jeder Bierzapfer in einer der Göttinger Studentenkneipen – und davon gab es ja bekanntlich nicht so viele – hätte Hohn gelacht, ob dieser Ausbeutung. Trinkgeld war zudem ein Fremdwort. Von Nachteil war auch, dass man mit dem Führerschein Klasse III ja auch Lkws fahren durfte. Zwar nur die bis 7,5 t. Aber wer noch nie in so einem Schrankwandgefährt gesessen, kann sich kaum vorstellen, wie viel Blut und Wasser man auf einer Jungfernfahrt durch die Kassler Berge schwitzen kann. Allein schon die Druckluftbremsen sorgten mit ihrem Geräuschpegel regelmäßig für Alarmstufe Rot in meinen zarten Eingeweiden.

Doch es gab – neben der Möglichkeit zahlreiche neue Autotypen kennen zu lernen und damit techisch auch als Nicht-Auto-Freak einigermaßen Up-to-date zu sein – auch ein paar angenehme Seiten. Die Rückfahrt im Zug galt als bezahlte Arbeitsfahrt. Ich meine, hey, für 7,50 DM in der Stunde bezahltes Spiegel lesen? Wer hat das schon?

Eine andere Form der Entlohnung war dann übrigens das Überführen von sogenannten Luxus-Karossen an weiter entfernte Orte. Brachte reichlich Stunde zusammen. Und man kam so umsonst zu Freunden oder Kumpels hin und wieder zurück und durfte ein paar Stunden Cabrio fahren. Oder halt auch mal einen Porsche!!!

Letzteres ist mir zwar nie ernsthaft wiederfahren. Aber alle meine sport- und technikbegeisterten männlichen Kommilitonen, wissend um diesen Studentenjob, wirkten recht neidsch,  wenn ich forschen Blickes, mit flinker Zunge und wieder besseren Wisssens stets behauptete, in die heutige Hauptstadt geporscht zu sein.

Auch heute noch habe ich oft mit Autovermietungsgesellschaften zu tun. Jobbedingt düse ich ja viel zwischen den Stadien dieser Republik hin und her.Da kommt es schon mal vor das der Autoverleiher meines Vertrauens einem ein etwas nobleres Gefährt als gebucht anvertraut. Als kleines Danke schön für die Treue, die man seiner Station hält. Die Boni der auch nicht gerade übermäßig entlohnten Servicestationsleitern richten sich ja auch nach ihrem entsprechenden Jahresumsatz …

Neulich war es mal wieder soweit. Noch ganz in meine Morgemuffelei vertieft, schreckte mich der Hinweis auf das mir anzuvertrauende Gefährt aus meinen Gedanken. Da stand er, der typische Penisersatz, ein feuchter Männertraum in Lack und Leder. Ein klassischer 911. Targa? Carrera? Alles scheiß egal. Jetzt konnt ich das Versäumte nacholen, Erfundenes endgültig zu den Akten legen und wieder ein ehrlicher Mensch werden. „Sie haben ja keine Mitfahrer heute, oder“, vernahm ich noch den freundlichen Satz, der mich aus all meinen wohlfeilen PS-Träumen riss.

Mitfahrer? Doch, hatte ich. Sogar deren drei. Mit schwerem Gepäck, weil Fotografen. Also musste ich schweren Herzens darauf verzichten. Und doch wohl wieder zu meinen alterfundenen Geschichte zurück kehren …