Namen sind Schall und Rauch. Sagte Meister Faust in Goethes gleichnamigem und benutzte dabei den Singular. Also Name, nicht Namen, gelle! Was hier nichts weiter zur Sache tut, allein nur der Vollständigkeit wegen aufgeführt wird. Wichtiger ist die Botschaft, die dahinter steckt. Ein Name allein hilft einem nicht weiter. Er sagt gar nichts aus über eine Person. Er charakterisiert nicht. Er ist vergänglich und austauschbar. Oft zumindest.
Manche Namen sind keine Namen, sondern quasi ein Fluch. Sie kommen daher als regelrechte Sammelbegriffe. Meiner zum Beispiel. Zumindest in meiner Generation. Mathias. In jeder Klasse. Beim Sportverein. Im Kinderchor. Wir kamen in Doppelpack. Oder dreifach! Mindestens! Und so erging es den Michaels und Marküssen dieser Welt auch. Was mich eher wenig tröstete.
Wobei ich meinen Altvorderen und deren verständlicher Aufgeregtheit nach der Geburt ihres Erstlings eine kleine Besonderheit verdanke. Fälschlicherweise meldeten sie mich beim zuständigen Amte mit nur einem „t“ statt der vorgesehenen zwei im Vornamen an. Seitdem laufe ich mit diesem Mangel behaftet ganz gut durchs Leben.
Doch ganz so wie der größte aller deutschen Dichter uns das in Margarethens Garten weis machen möchte, scheint es dann doch nicht zu sein. „Nomen atque omen“ lehrt uns der alte Lateiner. Und nicht umsonst reagieren Menschen recht fünsch, wenn ihr Namen falsch geschrieben wird. Wovon ich anderer Stelle schon mal mein Leid klagte. Namen sind wichtig. „Wer zählt die Völker, nennt die Namen die gastlich hier zusammenkamen„, lehrte uns schon Schillers Friedrich, dass deren Bedeutung keinesfalls zu unterschätzen sei. Noch wichtiger sind da wohl Spitznamen.
Von denen sammelte ich einige im Laufe meines Lebens ein. Nicht immer zu meiner großen Freude. Als Dreikäsehoch wurde ich von meinem knapp sieben Jahre älteren und mir damals richtig groß vorkommenden Onkel und seinen Freunden immer Matscha-Baby gerufen. Kennen Sie einen Vierjährigen, der noch gerne ein Baby sein möchte? Eben!
In der Schulzeit wurde es kaum besser. Man schaffte es doch spielend meinen Nachnamen mit einer sexuellen Anzüglichkeit zu versehen. Bums-Kuss! Spüren Sie meine Begeisterung? Merken Sie, wie es vibriert? Wehren konnte ich mich nicht. Eine kräftiger Schar jüngerer Dorfbewohner zeigte mir oft und gerne, wer der Kleinste und Schwächste in der Klasse war.
Das zwischenzeitlich von einigen meiner fürsorglicheren Mitschülern eingeführte Bunker erfreute sich nur kurzer Beliebtheit und war nicht groß der Rede wert.
Zu meiner großen Überraschung schafften es unsere angelsächsischen Mitbürger in meiner Internatszeit in Taunton meinem Nachnamen auch eine sexuelle Konotation abzugewinnen. Bunk up! Stand Umgangssprachlich bei den ohnehin nicht als Deutsch freundlich verschrienen Insassen der noblen Bildungsanstalt für Geschlechtsverkehr! Na wenn da nicht Freude aufkommt!
Wer den finalen Namen Bunki für mich aufbrachte, weiß ich nicht mehr. Zumindest nicht genau. Er war auf einmal da. So wie Müller zu Mülli wird. Oder Schmidt zu Schmitti. Bunki eben. Dies war endlich einer, an dem ich Wohlgefallen gefunden hatte. Kein Matze oder so, wie meine Namensvettern nun mal alle geheißen werden. Und bis auf meine Holde, die mich damit richtig zu ärgern weiß, halten sich auch alle dran. Denn Matze? Was ist schon ein Matze? Halb Mensch, halb Katze, oder was? Ne, geht gar nicht. Es blieb beim Bunki!
So spazierte ich ob meiner namentlichen Individualität in der Folge flott und beschwingt durch die Weltgeschichte.
Bis mir mein Herr Vater einmal freudestrahlend mitteilte, dass das doch auch nur ein alter Hut sein. Er und seine drei Brüder wurden zur Schulzeit auch nur die Bunki gerufen. Alte Lateiner eben: – us, i. Masukulinum. Plural wieder auf i. Super!! So weit zum Thema Individualität. Vornamen als Sammelbegriff, Nachname abgegriffen. Kannste echt knicken.