Das nenn‘ ich Fürsorge

Ich habe doch wirklich einen sehr fürsorglichen Kollegen. Da erscheine ich zwecks Abendblatt-Erstellung mitten in meinem Urlaub unvermittelter Dinge und ebenso tatendurstig nach sieben Tagen mal wieder in der Redaktion und der gute Mann teilt mir freudestrahlend mit nachdenklicher Miene mit, dass hier stehendes ja wohl nicht sein könne.

Wie könne ich denn schreiben, dass Union im Kalenderjahr 2008 Berliner Meister sei, nur weil sie einem Punkteschnitt von 1,88 Zählern pro Partie aufweisen würden und damit im Vergleich zu Hertha (1,67 Durchschnittszähler pro Spiel)das deutlich bessere Fußballteam seien.

Ob ich Tennis Borussia vergessen habe? So besorgt war der gute Kollege über meine Reputation (und damit die des Blattes), dass er diese schmerzhafte Erkenntnis über mein gar schweres Fehlen quasi wie ein Mühlstein satte sieben Tage mit sich herumgetragen hatte und nun endlich, endlich, wo wir uns mehr oder weniger zufällig mal wieder gegenüberstanden, sofort, ach was rede ich, blitzartig loszuwerden gedachte. Wem das Herz voll ist, dem geht der Mund schon mal über. Kann man ja verstehen.

Zwar wusste der gute Kollege nicht wie viel Punkte die Lila-Weißen im Vergleichszeitraum in Liga 5 eingefahren hätten (es waren im Schnitt 2,34 Punkte), aber dass das so nicht gehe, sei ja wohl klar.

Mea culpa. Wirklich ein eklatanter Fauxpas meinerseits. Und wahrscheinlich habe ich in meinem persönlichen Kurzjahresresümee noch weitere Berliner Mannschaften grob fahrlässig bis bösartig vernachlässigt, die bilanztechnisch weitaus erfolgreicher gespielt haben.

Ich bin nur froh, dass diese schwere Sorge nur sieben Tage das Seelenleben meines eigentlich mit einem sonnigen Gemüte ausgestatteten Kollegen verfinstert hat. Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn ich erst in zwei oder sagen wir womöglich drei Wochen wieder in der Redaktion erschienen wäre. Hätte er sich allabendlich schlaflos in seinem Bette gewälzt? Wäre er dann gar schon in tiefe Depressionen verfallen? Ich gelobe Besserung!!