Zippo

„Wo ist denn ihr Zippo?“ Hä? Bitte, was? Ihr habt es doch gerade durch den Scanner gejagt. Liegt doch noch in dem grauen Körbchen direkt vor ihnen auf dem Fließband. Was soll diese blöde Frage, konnte ich mir gerade noch so eben verkneifen. Denn ich ahnte bereits was auf mich zukommen würde.

War ja klar! Eine Chiquita sollte man ja auch nie Banane nennen! Also, Ntm: Ein Zippo ist ein Zippo ist ein Zippo! Und kein sti-no Feuerzeug. Was nun passieren würde, war klar wie Kloßbrühe. Zurück auf Los. Ohne 4000 Euro einzuziehen. Und da kam sie auch schon prompt, die befürchtete Bestätigung. „Gehen sie damit bitte noch mal an den Check Inn. Sie müssen die Watte und den Docht entfernen.“ Super. Zurück. Durch das ganze verfickte Gebäude. Dabei war ich so stolz auf mich gewesen. Der Boarding Pass ward am Abend zuvor schon ausgedruckt. Den Fenstersitzplatz in eine Gangreihe geändert. Falls Mann des Morgens  mal ein Wässerchen lassen müsste und so dem aufgezwungenen Sitznachbarn – diesmal übrigens eine junge Blondine – ein qualvolles Aufstehen aus den beengten Sitzplatzreihen ersparen kann. Kurz, alles ward vorbereitet für einen reibungslosen, kundenfreundlichen Schnelldurchlauf nach Düsseldorf und retour. „Hit an’ run“-Taktik vom Feinsten.

Schön ausbaldowert. Und nun dies. Meine allseits geliebte Morgenlaune besserte sich nicht wirklich. Noch mal durch die Kontrolle. Einreihen hinter all denen, die vorher nicht ihren Gürtel lösen können. Die niemals nie und nicht auch nur daran denken, ein Fitzelchen ihrer zu überprüfenden Reisebegleiter vorher aus den Taschen zu nehmen. Von Mänteln und Jacken, aus denen man beizeiten schlüpfen könnte, will ich jetzt gar nicht erst groß anfangen. Ich würde mich nachher im Flieger schon genug darüber ärgern, dass der Flugwillige sich immer erst unmittelbar vor seinem Sitz ausplünnen würde. Ein Verhalten, dass auf jeder Bundesautobahn einen mittellangen Verkehrsstau mit lustigen Rundfunkwarnmeldungen zur Folge haben würde, aber in den Fliegern dieser Welt offenbar zum guten Ton gehörte.

Der geneigte Leser lächelt nur Milde und denkt sich bereits: So ein Idiot. Wie kann ihm als weitgereisten Fahrensmann so etwas passieren im Zeitalter nach Nine-Eleven? Selber schuld! Sie haben ja so Recht. Mildernde Umstände wären vielleicht noch der erwähnten Morgenstunde geschuldet gewesen. Aber ehrlich gesagt, ich hatte mir darüber keine ernsthaften Gedanken gemacht. So gar keine. Weitere Umstände die für meine Entlastung sprachen: Das Zippo befand sich ja auch noch nicht so lange in meinem Besitz. Es war so etwas wie ein weinachtliches Abschiedsgeschenk meiner bald darauf Ex-Holden gewesen. Etwas, was ich schon immer mein Eigen hatte nennen wollte und nun mit einem Wappen eines bestimmten Klubs verziert auch hatte. Und da ich zuletzt nicht mehr Reisekader gewesen war, respektive alle Ziele mittels Kraftfahrzeug angesteuert hatte, war das sozusagen der Jungfernflug. Und ein Feuerzeug dufte man ja im Handgepäck mit sich führen. Aber, s.o, ntm: Ein Zippo ist ein Zippo ist ein Zippo. Geeignet dafür, aus seinen 22 Bausteinen eine lustige Brandbombe herzustellen, mittels der ich den Piloten dazu bewegen konnte, abeichend von der Normalroute flugs die Twin Towers des WTC anzusteuern …

Mein ohnehin leicht zu Jährzorn neigendes Naturell steigerte sich auf der nach oben offenen Erregungsskala auf einen legendären Wert, als man mir bedeutete, das gute Stück jetzt eigenhändig auseinander zu nehmen und die Watte nebst Docht entsorgen zu müssen. Es gibt angenehmere Arten, sich die Finger schmutzig zu machen als an einem frisch gefüllten Zippo. Denn das hatte ich vor meiner Abreise noch erledigt, damit mir im fernen Rheinlande bei der zu erwartenden, nervenzehrenden Partie es nicht unvermittelt an Feuer mangeln würde. Für eine Sekunde erwog ich, das Zippo mit Karacho in der am Counter hämisch wartenden Box für verbotene Flugbegleiter wie Scheren, Feilen und zusätzliche Feuerzeuge zu entsorgen. Hätte zudem den nicht unangenehmen Nebeneffekt gehabt, dass ich nicht ständig an etwas für immer Verloren gegangenes erinnert werden würde. Dann siegte doch die Vernunft. Dadurch würde ich sie auch nicht wieder zurückbekommen.

So mutierte mein Zippo für den schmalen Obolus  nur 4 Euro zum wohl kleinsten Gegenstand in der Gepäckaufbewahrung am Flughafen Tegel. Dort fand es also zwischenzeitlich Asyl. Und so denn die Lufthansa pünktlich niederkommen würde, bestand auch eine gute Aussicht, es am gleichen Abend wieder in meinen Besitz bringen zu können. Ein nicht ganz billiges Vergnügen. Doch ich war ja selber Schuld. Ein Zippo ist ein Zippo ist ein Zippo. Oder hatten wir das bereits? Egal. Das einzig Gute: Diesmal würde ich wenigstens nicht wie weiland in London in die Liste der meist gesuchten Verbrecher aufgenommen werden…