Warten auf den Löw

Die Stadt voller Russen. Was nicht weiter verwunderlich ist, wenn die Location Moskau heißt. Aber jetzt sind sie sofort auch äußerlich als solche erkennbar. Fahnen schmücken nicht mehr Masten, sondern Leute und weibliche Hinterteile. Fliegende Händler versuchen die letzten Flaggen, Tompeten und Arschavin-Trikots an den Mann/Frau/Kind zu bringen. Vereinzelt sind auch deutsche Trikots zu sehen. Zumeist rund ums Gum und den Roten Platz.

Die Zeichen mehren sich. Im Gum lockt das putzige Pärchen (oben links) zum großen vaterländischen Spiele. An den Kneipen und Bars werben Plakate für eine Live-Übertragung im Fernsehen. Durchs Hotel flanieren die Altinternationalen wie Hansi Müller. Zahlreiche detusche Schlachtenbummler haben sich auch schon einquartiert. Sollen ja auch 2500 Germanen Augenzeuge werden wollen.

Für meinereiner heißt es jetzt erst einmal warten. Abwarten und Tee trinken. Warten, dass der Pressebus endlich vorfährt, uns zum Lushniki-Stadion rollt. 80 000 Mann werden erwartet. 80 000 fanatische Anhänger der Sbornaja wollen ihre Mannschaft zum Sieg schreien.

Doch bis dahin dauert es noch so lange. Die Sekunden werden zu Minuten, die Minuten zu Stunden, die Stunden zu Tagen. Zumindest gefühlt. Es nervt. Man will, dass es endlich losgeht.

Wie nur die Zeit totschlagen? Mit dem lallseit ustigen Rumsurfen im Netz der Netze ist das so eine Sache. Man weiß nie, was einen im Stadion erwartet. Gibt es Stromanschlüsse, zu denen der Stecker passt? W-Lan ist auch keine Selbstverständlichkeit auf den Tribünen dieser Welt.Eigentlich sollte man immer mit vollem Akku anreisen, ergo den Laptop und andere technische Geräte in den Stunden zuvor schön brav aufladen. Geht aber nur im Zimmer. Und dort ist das W-Lan nicht kostenfrei. Mit satten 960 Rubeln schlägt ein 24h-Zugang zu Buche. Macht man nicht, wenn es in der Lobby die Verbindung ins WWW kostenfrei gibt.

Fans haben es da einfacher. Sie können sich genüßlich bei einer Gerstenkaltschale auf das Kommende einstimmen. Sie können in den Cafs und Bars dieser pulsierenden Metropole verweilen, zum Augenblicke sagen, verweile doch, du bist so schön und sich in aller Ruhe der zahlreichen Schönheiten dirses Landes erfreuen. Den baulichen und den bestiefelten. Den Miniberocken und den maximal Beseelten. Den Genussmitteln in fester und flüssiger Form. Und überhaupt.

Doch lassen wir das. Genug gejammert. Ab ins Zimmer. Strom bunkern.

Nachtrag: Das Warten hat sich gelohnt. Unser Traum wird endlich wahr. Wir sidn zu Gast in Südafrika.

Und daher spendiere ich ein Lied:

Zur Einstimmung, ein Lied

Es stimmt. Die Wettervorhersage, meine ich. Regen. Regen. Und nochmals Regen. Nasse Füße gab es also gratis. Und als Dreingabe einen Temperatursturz.Gut, dass ich einen Schal mit hatte.

Ach so, ja, bevor ich es vergesse. Natürlich gab es auch Достопримечательности. Zu deutsch oder für diejenigen, die der russichen Zunge nicht so mächtig sind (also meinereiner): „Dostoprimetschatelnosti. Ist ja so etwas wie die Wasserscheide zwischen den gelernten Alt-Ossis und uns zugereisten, real existierenden Besser-Wessis. Meine lieben aus Neufünfland stammenden Kollegen beim Berliner Kurier hätten jetzt ihre helle Freude daran gehabt, wenn sie mein verzweifelt Bemühen, dieses Wort im Netz zu finden, angesichtig geworden wären.Sind sie aber nicht. Denn ich sitze ja jetzt unweit der Moskva, des großen Spiels Russland-Deutschland harrend. Zum Glück im Trocknen. Und sie im fernen Berlin.

Am Brandenburger Tor

SIE steht da, gedankenverloren am Brandenburger Tor. Ganz allein inmitten dreier überdimesionaler Postkartenständer. Verträumt. Konzentriert. Irgendwie schmächtig wirkend unter all diesen Kartenbergen.

ER wartet. Und denkt, sich dass das eigentlich ein schönes Bild wäre.

Doch die Umsetzung scheitert. „Fotografieren ist hier verboten“, ertönt es barsch hinter ihm. Sein freundliches Nachfragen, ob der Gründe für dieses Verbot wird mit einem nachhaltigen „weil es vernoten ist“, hinreichend erklärt. So viel Auskunftsbreitschaft aber auch, …

Muss wohl mit der Georgraphie dieses Ortes zu tun haben. Schon zu Vorwendezeiten durfte im grenznahen Bereich ja nicht gefilmt oder abgelichtet werden. Ein Erbgut also, dass hier nachhältig durchschlägt. War ja nicht alles schlecht im Osten.