Sechs Tage noch bis zum Tag X. Der Tag, an dem K. in ihren 30. Geburtstag reinfeiern will. Und immer noch sucht sie nach Wegen, wie sie uns beide, also sowohl S. als auch mich dabei haben kann.
Das beides nicht geht, hat sie eingesehen. Ich kann das einfach nicht.
Verzichten will K. aber auf keinen. Und schlug nun vor, dass erst S. kommt. Und später dann ich. Der Haken dabei: Sie hat ja erst um Mittternacht Geburtstag. Soll ich also wirklich bis weit nach Mitternacht warten, um dann hinzufahren? Habe dazu eigentlich keine Lust. Zumal ich auch am Sonntag arbeiten muss (wenn auch erst ab 10 Uhr).
Sonderlich zur Feierstimmung würde es auch nicht beitragen für S., dass sie sozusagen auf gepackten Koffern sitzen müsste, um dann flugs Platz zu schaffen für meine Wenigkeit.
Dass ich nicht kommen will, S. den Platz zum Feiern übrlasse, mag K. nicht akzeptieren. Sie insistiert auf dem Kompromiss und meint, es sei egoistisch von mir, wenn ich nicht kommen würde.
Das Problem, das Du da beschreibst, kommt in den besten Familien (und Freundeskreisen vor). Da gehen welche auseinander, und plötzlich kann man sie nicht mehr gleichzeitig einladen.
Bei Feiern der altherkömmlichen Art (Kaffeetrinken + Abendessen) ließ sich das noch ganz gut regeln: Einer zum Kaffee, einer zum Abendessen. Bei „in den Geburtstag reinfeiern“ wird es schwierig, denn wer hat schon Lust, sich erst gegen Mitternacht auf die Socken zu einer Fete zu machen, und dann, leicht angesäuert, in eine Party im vollen Schwunge reinzuplatzen?
In meinem Dunstkreis feiern deshalb viele Leute ihr Geburtstage schon mehrfach, und ein richtig guter Kompromiss (wenn es so etwas übrhaupt gibt) fällt mir dazu auch nicht ein. Nur der Trost, dass es Schlimmeres gibt:
Minna und Martha, Schwestern und beide über achtzig, konnten keine Geburtstagsfeier gemeinsam besuchen. Ausgelassen hätten sie auch keine gern, denn in dem Alter sind die Freunde meistens auch nicht mehr die Jügsten, und man weiß nie, ob es nicht der letzte Geburtstag ist.
Nun war der Grund, warum die beiden Schwestern nicht gemeinsam auf Geburtstage gehen konnten, nicht etwa der, dass sie einander aus dem Wege gehen wollten. Im Gegenteil. Sie lebten sogar höchst einträchtig im gemeinsamen Haushalt. So einträchtig, dass sie, als Minnas Zahnprothese zu Bruch ging, und kein Geld für eine neue da war, sie sich darauf einigten, sich Marthas Prothese zu teilen.
Du ahnst, worauf ich hinaus will. Keine Geburtstagsfeie, ohne dass es etwas zu essen gibt…
Minna ging also zur Kaffeetafel und kehrte rechtzeitig nachhause zurück, damit Martha sich auf den Weg machen konnte. Die übernahm dankend die Prothese, zutschte an den Zähnen und sagte: „Apfelkuchen. Stimmt’s?“
Siehste, das sind Probleme, die ich nicht haben möchte.