Schlechte Zeiten, Kamerad?

Ja, doch. Borussia Dortmund war die alles überragende Mannschaft der Spielzeit 2011/12. Ein würdiger Meister, ein verdienter Titelträger mit der Rekordausbeute von 81 Zählern. Ist oft genug gesagt und lang genug gewürdigt worden. Doch was sich zeitgleich in den Köpfen meiner Zeitgenossen festgesetzt zu haben scheint, ist die Mär, dass die Bayern eine schlechte Saison gespielt haben.

Ich hatte es an anderer Stelle schon mal kurz skizziert, und möchte jetzt noch einmal nachdrücklich damit aufräumen. Die Spielzeit 2011/12 war eigentlich eine gute. Ja, richtig gelesen. Trotz des dreifachen Vizetraumas. Es war eine gute und dennoch enttäuschende Saison. Glauben Sie nicht? Dann leihen Sie mir mal ihr Ohr.

Zu den Fakten: 73 Zähler und 77:22 Tore – also wie der BVB eine Differenz von +55 – hätten in 49 Jahren Bundesliga-Geschichte bis auf eine Ausnahme immer den zweiten Platz beschert und damit die in der Moderne so wichtige direkte Qualifikation für die Champions League.

Die eine Ausnahme bildet übrigens der derzeit ärgste Bayern-Verfolger Schalke 04, dessen 76 Punkte in der Spielzeit 71/72 nur zu Platz 2 hinter Bomber Gerd Müller, Kaiser Franz & Co. reichte.

Und bevor jetzt jemand kommt mit Vize, dass ist zwar für manche Vereine was für den Briefkopf, für die Bayern aber nix. Das stimmt. Schauen wir doch einfach mal eine Kategorie höher. Und voila! in 46 vergleichbaren Spielzeiten – 63/64 und 64/65 fallen raus mit nur 16 Bundesligisten und die Vereinigungssaison 91/92 mit 20 Teams auch – wäre der Stern des Südens mit seiner Vorjahrsausbeute 32 Mal Meister geworden. In Worten: Zweiunddreißig!

Kuriosum am Rande: Das hätte auch 1992 zum Titel gereicht, bei vier weniger absolvierten Spielen als der VfB Stuttgart. Wenn auch nur aufgrund der Tordifferenz.

Noch Zeit für einen Exkurs? Die Drei-Punkte-Regelung – und die muss man ja vor 1995 als Umrechnungsfaktor heranziehen – hätte übrigens 1983 nicht dem HSV den Titel beschert, sondern dem punktgleichen Nordrivalen Werder Bremen. Der SV hätte mit 75 Zählern triumphiert, die Rothosen wären mit 72 Punkten abgeschlagen als Vize eingekommen.

Na, schon gemerkt? Auch da hätten die 73 Zähler den Münchnern was beschert? Eben!

Interessant zu beobachten ist dabi übrigens, dass im neuen Jahrtausend die 73 Zähler viel seltener einem zur Schale verholfen hätten als in den Dekaden zuvor. In den 60ern hätte es immer gereicht. In den 70ern und 80ern drei Mal nicht. In en 90ern wäre der Sprung ganz oben aufs Treppchen nur einmal verpasst worden. In diesem Jahrtausend aber schon sieben Mal. Bin mir selber noch nicht ganz schlüssig, was das für die Bundesliga an sich heißt. Denn International reüssierte diese in den letzten Jahren ja kaum. Mit Ausnahme der Bayern und deren zwei Finalteilnahmen 2010 und 2012.

Schlüssig erscheint mir aber, dass Robbery, Neuer & Co. in diesem Jahr in der Liga nicht einfach nur gewinnen wollen, sondern echte Duftmarken setzen. Zu sehr nagen die peinlichen Pleiten gegen den BVB, die Pokalfinaldemütigung, am Selbstbewusstsein der Bajuwaren.das gilt es auszuradieren.

Duftmarke Nr.1  ist mit dem Startrekord von acht Siegen in Folge schon gesetzt worden. Sieben Zähler Vorsprung auf Rang zwei gab es seit der Einführung der Drei-Punkte-Regelung 1995 auch noch nie nach 10 Spieltagen. Eine Tordifferenz von +26 ebenfalls noch nie in einer Spielzeit zu diesem Zeitpunkt. Die nächsten Rekorde sind auch schon in Sichtweite. Sechs Spiel auswärts ohne Gegentor könnten schon im Derby beim Club (17. November fallen. Man darf echt gespannt sein, was und wie viel die Bayern holen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.