Die Wahrheit hinter Unions scheinbarem Niedergang

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Herbstzeit. Das Laub fällt und Union wenig ein. Die rot-weißen Fußballgötter dümpeln in der Liga vor sich hin. Und hier im Wandererzwischendenwelten.de,, aber auch wirklich nur hier, wird jetzt die ganze bittere Wahrheit verkündet. Nein, es liegt nicht daran, dass Dirk Zingler die Parole ausgegeben hat, er wolle Uwe Neuhaus nächste Saison nicht hier in diesem Stadion sehen. Und da Union ja nicht die Flucht nach oben antreten kann und Dresden sich dem Aufstieg nur noch durch einen kollektiven Massenselbstmord entziehen kann, führt der einzige Weg aus diesem Dilemma schnurstracks nach unten. Dresden und Union müssten sich die Klinke sozusagen in die Hand gebe.

Nein, das ist nicht der Grund. Das ist ein böser Scherz. Ein ganz böser sogar. Aber Zingler ist trotzdem nicht ganz unschuldig. Er hat seinem neuen Coach Sascha Lewandowski nämlich einen ganz klaren Auftrage an die Hand gegeben: „Ich will endlich einmal ein Heimspiel im DFB-Pokal haben.“

„Wird gemacht, Chef“, hat da der Sascha, das alte Ruhrgebietskind, gesagt. Dein Wunsch ist mir Befehl. Und weil er sich trotz seiner erst kurzen Verweildauer im Südosten unserer geliebten Stadt gut in die Union-Geschichte eingearbeitet hat und daher weiß, dass die Eisernen in Runde eins immer ein Freilos sind, gibt es nur einen gangbaren Lösungsweg. Union muss die laufende Saison als 15. abschließen. Dann kämen die Köpenicker bei der Auslosung automatisch  in den Amateur-Topf und somit zu einem Heimspiel. und das  womöglich auch noch gegen einen Bundesligisten. Vor Zinglers geistigem Auge rollten Derbyszenarios ab. Oder die Bayern. Stimmung an der Alten Försterei …

So weit, so gut. Wenn da nicht ein gewisser  Oskar K. (Name der Redaktion bekannt) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Stadionbetriebs AG mahnend  die Hand gehoben hätte. „Cheffe“, sagte er ganz unaufregegt, „Cheffe, so geht das nicht. Wir haben viel zu wenig Heimspiele hier. Nicht genügend Veranstaltungen. So kann das Stadion nie Gewinn abwerfen.“

Zingler, ganz Kaufmann, grübelte. Verflixt, das hatte der Betonfürst nicht bedacht. Aber auch da hatte der Sascha sofort ein Lösung parat. Freudestrahlend verkündet er den Königsweg. „Die Relegation, Cheffe. Platz 16. Heimspiel im Pokal und ein Heimspiel gegen Großasbach. Die haben doch diesen Manager von Andrea Berg als Sponsor“ Zingler strahlte. Ein echtes „Schlager“-Spiel vor Augen zu haben, kann ja nur Jubelstürme auslösen. „Macht!“, so sein einziger Kommentar.  (Foto: Matthias Kern)

 

Die Pk, die niemals war

Das Nachfolgende hat sich natürlich niemals so zugetragen. Wird es auch nie. Und jede Ähnlichkeit mit irgendwelchen Personen ist natürlich der absoluten Zufälligkeit geschuldet. Was denn sonst? Eben. Also, ad rem.

Der Ort: Ein fensterloser Raum in einem schnieken, hypermodernen Fußballtempel im Südosten einer nicht ganz kleinen Großstadt. Sagen wir mal östlich der Elbe.

Die Protagonisten: Ein beliebiger Berufsfußballspieler (Vollzeit), im folgenden BFS abgekürzt. Ein Chefübungsleiter (hauptamtlich), kurz: Cheffe: verheiratet, (Anzahl der Kinder aus erster Ehe der Redaktion bekannt). Dazu ein klubeigener Moderator, kurz KluMo. Und natürlich eine Bande sensationsgeiler, hyperventilierender Medienfuzzis, die in ihrer nie enden wollenden Perfidität nur darauf aus sind, dem Klub ein schlechtes Zeugnis ausstellen zu wollen und dem Cheffe seine wertvolle Zeit zu klauen. Im folgenden als NB (Nervbolde) 1 bis 5 usw. abgekürzt.

Die PK beginnt, Cheffe beißt noch mal schnell von einem Brötchen ab, das er sich spät, aber dank seines überragenden Stellungsspiels doch noch sichern konnte, weil die sonst so vorhandenen Mitarbeiter des Klubs (sind in der Überzahl gegenüber der Journaille) ihm kaum eins übrig gelassen hätten bis zum Ende der PK. Cheffe  macht noch schnell  – begleitet von einem breiten Grinsen – einen freundlichen Soundcheck für die Journalisten, in dem er vor deren Aufnahmegeräten noch rasch und lautstark ein wenig mit seinem Schlüsselbund herumklimpert. Wäre ja schlimm, wenn der Aufnahmepegelanzeiger nicht ausschlagen würde. Hilfsbereit ist er, dass muss man ihm lassen. Auch beim Abhören ist der jeweilige Schmierfink Journalist dann bestimmt sofort hellwach.

KluMO: BFS, laut den Medien haben wir letztes Wochenende nicht gewonnen.

BFS: Das stimmt so nicht. Das ist eine böswillige Unterstellung. Wir haben nicht verloren. Das sollte man mal festhalten.

KluMO: Jetzt am Sonntag spielen wir gegen den nächsten Gegner.

BFS: Wir ist da so ein Wort.Wir. Ihr sitzt schön auf der Tribüne. Und ich weiß ja nicht, ob der Trainer mich lässt. Wir haben 22 gute Spieler im Kader, alle haben ihre Qualitäten. Da will jeder spielen. Auch die Putzfrau oder der Zeugwart. Und ob ich gespielt habe, erfahre ich auch immer erst nach Schlusspfiff. Vorher gibt der Trainer den Kader ja nicht bekannt.

KluMo: Ein Sieg am Sonntag vorausgesetzt und wir stehen in der Tabelle auf einem Aufstiegsplatz.

BFS: Ach, das ist doch nur eine Momentaufnahme. Wir haben doch erst drei Drittel der Saison gespielt. Das hat alles keine echte Aussagekraft.

KluMo: Aber wir hätten dann einen Zwei-Punkteschnitt. Wie weit ist man dann noch von der Bundesliga entfernt?

BFS: Meilenweit. Dazu muss man doch nur mal am Montag den Kicker aufschlagen. Da kommen seitenweise die Erstligisten vor. Zwei Seiten pro Spiel. Mindestens. Und dann noch Spanen, England, Italien. Suchen Sie mal nach der Zweiten Liga. Die ist da kaum zu finden. Die ist irgendwo ganzweit  hinten versteckt. Die Bundesliga ist also richtig fern. Und gemein wie die beim Kicker nun mal sind, speisen sie uns am Montag immer mit einer unvollständigen Tabelle ab. Da fehlt immer ein Spiel. So können wir uns nie ausrechnen, wie weit wir von der Bundesliga entfernt sind.

NB2: Ihr habt in der Saison das System umgestellt. Was ist dir persönlich eigentlich lieber: Mit nur einer Spitze oder mit zweien?

BFS: Och, das ist mir egal (hinter seinem Rücken flüstert Cheffe dem KluMo diebisch grinsend zu: „Ihm ist alles egal, Hauptsache er spielt.“). Ich kann über mich jetzt nichts groß Lobenswertes sagen. Mir ist beides Recht. Ich kann rechts wie links, vorne hinten, oben, unten.

NB2 hakt nach: Aber ihr Kollege hat gesagt, selbst als er alleine da vorne spielte, ihm wäre ein System mit zwei Spitzen lieber.

BFS: Ach immer dieses System-Frage. Immer dieses sich Aufhängen an  4-4-3 oder 4-4-2 oder irgendwelchen Ketten. Ob Vierkette, Dreierkette, Perlenkette. Das ist doch alles egal. Es geht hier doch um Fußball. Natürlich freue ich mich, wenn ich spiele. Dafür lebt man doch, dafür ist man Fußballer geworden. Aber das entscheidet der Trainer..

KluMO: Nun gut fragen wir mal den Trainer,  warum wir am Sonntag die drei Punkte hier behalten..

Cheffe:  Ich finde diese Fragestellung schon nicht korrekt. Sie lässt jeglichen Respekt vor dem Gegner vermissen. Die spielen auch 2. Liga! Da kann jeder jeden schlagen. Wenn man da nicht hellwach ist, immer 110 Prozent gibt, kann das ganz schnell nach hinten losgehen. Alles muss man sich erarbeiten. Jeden einzelnen Spieltag lang. Die spielen ja auch mit elf Mann. Jedes einzelne Spiel. Das müssen Sie sich mal vorstellen! Die haben Abwehrspieler, die abwehren, Mittelfeldspieler, die in der Mitte wirbeln. Und Stürmer. Wir dürfen nicht vergessen Stürmer.

KluMo: Ich glaube es ist dann jetzt die Gelegenheit für die Pressevertreter Fragen an den Trainer zu stellen. Bitte warten Sie, bis wir Ihnen das Mikro reichen. Wir wollen das im Klub-TV ausstrahlen, damit unsere Fans nicht mehr zum Zeitungskauf mühsam das Haus verlassen müssen, sondern schön bequem vor ihrem PC das Klub-TV-Abo genießen können. Kostet übrigens nur 4,95 Euro im Monat.

NB1: Haben sie denn schon eine Vorstellung davon, wie sie das Spiel angehen wollen?

Cheffe. Herr NB1 , ich sehe sie hier mit einer Kamera. Ich weiß nicht, als was sie hier sind. Als Fotograf oder Journalist? Ihnen antworte ich nicht.

NB4: Worauf muss man sich beim Gegner einstellen?

Cheffe: Die haben 15 Spieler abgegeben. Abert auch 15 dazu bekommen. Den A, den B. C auch noch  (rattert alle in alphabetischer Aufstellung runter). Die sind spielstark, kampfstark, schussstark, defensivstark, wolfgangstark. Das ist ne richtig gute Mannschaft und überhaupt nicht mit der zu vergleichen, die im kommenden Jahr gegen uns spielen wird.

NB2: Herr Cheffe, aber mit einem Sieg morgen könnte der Klub Geschichte schreiben …

Cheffe: Geschichte? Das ist doch Kokolores. Das ist mir zu boulevardesk. Das mache ich nicht mit. Immer diese Schlagzeilen. Immer diese großen Buchstaben. Glauben sie denn ich bin blind und dass ich eine Brille brauche? Ich kann lesen! Sehr gut sogar. Das Kleingedruckte und zwischen den Zeilen. Machen Sie mich nicht älter, als ich bin. Ich bin drei Jahre jünger als der Kollege Benno Möhlmann. Das habe ich extra nochmal nachgeschaut.

NB2: Herr Cheffe, Ihnen wird nachgesagt, dass sie immer versuchen, alles unter Kontrolle zu halten …

Cheffe: Das stimmt doch so gar nicht. Das können Sie die Spieler fragen.

NB2: Würden wir ja gerne. Aber die dürfen nicht mit uns reden.

Cheffe: Das wieder so eine Unterstellung. Ich habe den Spielern das niemals verboten. Zu keiner Zeit. Nur nicht erlaubt. Außerdem wird mir das zu persönlich. Nur Fragen zum Spiel, bitte.

NB3: Mit welcher Mannschaft wollen sie denn das Spiel angehen?

Cheffe: Das weiß ich jetzt noch nicht. Es sind noch zwei Trainingseinheiten bis zum Spiel. Da muss ich die letzten Eindrücke abwarten. Es könnt sich ja jemand noch verletzten. Oder der Himmel nicht das richtige Blau haben. Sie glauben doch nicht jetzt allerernstens, dass ich Ihnen etwas zur Mannschaftsaufstellung sage. Die weiß ich ja selber noch nicht mal genau. Das ist mir jetzt alles zu persönlich.

NB3: Sie haben also noch nicht im Kopf welcher BFS den jetzt ausfallenden BFS ersetzen soll?

Cheffe: Doch, natürlich. Aber das werde ich Ihnen doch hier nicht erzählen. Das schreiben sie doch brühwarm auf. Sie können ja die Tinte nie halten. Die anderen Trainer lesen doch auch. Die kaufen doch am morgen vor dem Spiel immer alle sechs Tageszeitungen auf, um zu sehen, was ich mir habe einfallen lassen. Nochmal, die kaufen alle sechs Zeitungen auf! Wie soll ich die denn da überraschen? Ne, das sage ich ihnen nicht. Auch wenn ich es noch nicht im Kopf hab.

 NB5: Mit welchen Erwartungen gehen sie an das Spiel?

Cheffe: Das ist mal wieder typisch. Diese Fragestellung. Das mache ich nicht mit. Immer diese Erwartungen. Dadurch setzt man doch alle unnötig unter Druck. So ein Spiel kann ganz schnell vorbei sein. Nach nicht mal 90 Minuten. Nochmal, nach nicht mal 90 Minuten. Da kann ich doch keine Prognosen abgeben. Das wäre nicht seriös. Und Sie wollen da von Erwartungen sprechen?

NB1 (ganz vorsichtig): Und warum ist dieses Spiel jetzt so schwer?

Cheffe: Das ist doch völlig klar. Das nächste Spiel ist immer das schwerste. Und das übernächste das überschwerste. Von dem danach will jetzt gar nicht erst anfangen, denn wir müssen nur von Spiel zu Spiel denken. Alles andere ist Kokolores.  Wir müssen uns immer auf das nächsteschwerste Spiel vorbereiten und da alles in die Waagschale werfen. In dieser Liga kann jeder jeden schlagen. Sogar die, die hier gar nicht mitspielen. Nein, wir  müssen vor allem die Ordnung halten. So wie beim Einlaufen. Das sieht immer recht hübsch aus. Wir müssen hinten gut stehen, kompakt stehen, schnell umschalten und Geduld bewahren. 90 MInuten können verdammt lang sein. Wenn man da nicht aufpasst, ist das Spiel ganz schnell vobei.