Sponsor of the Day

Sponsor of the Day? Die S-Bahn? Um Himmels Willen, was soll uns da beim Derby erwarten am 11. Februar? Im ersten Moment jagte mir ein Angstschauer über den Rücken. Im Winter ist die Gefahr ja viel größer bei einem Suizidversuch auf den Gleisen zu verhungern, als von einer Bahn überrollt zu werden. Und das besondere an dem Pony in der Bahn war ja weniger das Shettland Seppi. Wer immer schon mal die Öffentlichen in unserer geliebten Huptstadt genutzt hat, weiß, was sich da für skurrile Gestalten rumtreiben. Nachtschwärmer. Sich wärmende Tippelbrüder. Feierwütige TouristInnen. Ein Unpaarhufer ist da quasi Alltag. Nein, das besondere war also nicht der Vertreter der Gattung Equidae auf den Gleisen, sondern dass die Bahn auch fuhr.

Was also ist die geheime Botschaft, die uns die Herren aus Charlottenburg mit diesem Match-Präsentator mitteilen wollen? Sollte gar auf die vier größten Feinde der S-Bahn (Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter) aufmerksam gemacht werden? Dass wir zeitig aufbrechen sollen? Lieber aufs Auto umsteigen? Gar per pedes in die Betonschüssel eilen sollten?

Dass man sich als Einlaufkind bewerben soll, ist da nur die vordergründige Message. Einlaufkinder beim Fußball sind ja fast vor Erfindung der kommerziellen Balltretrei aufgetreten. Ein altbekannter Hut also. Ohne sie könnte so ein Event doch gar nicht stattfinden, würden alleine die Klatschpappen einen würdigen Rahmen bieten.

Je länger ich darüber nachdenke, komme ich nur zu einem Schluss. Die Botschaft ist subtil, aber passt: Egal wie es ausgeht, wir sollen das Stadtderby in vollen Zügen genießen.

Jetzt kommt zusammen, was zusammen gehört

Ein Rentnerehepaar, ordentlich gekleidet, auf Stadtbesuch. Mit staunenden Augen betrachten sie durch die rollende S-Bahn-Fenster diese Stadt, die ja nicht zwingend durch Sauberkeit bestimmt ist.   „Kuck mal, der  nimmt echt die Zeitung aus dem Mülleimer wieder raus“, flüstert sie ihm angewiedert zu. „Der scheint Springer irgendwie nicht zu mögen“, kontert er trocken, als der Müllwühler die BZ angeekelt wieder zurück schmeißt.

Yes we can – auch wenn es euch nicht passt

Auf dem Weg zur Arbeit, ereilte mich dieselbige. Besser gesagt, derselbige. Wie ich denn bitte schön im KURIER ein Bild aus Braunschweig veröffentlichen könne, auf dem ein Spieler im T-Shirt mit der Aufschrift Aufstieg 2009 – Yes we can“ zu sehen sei. Im Internetforum des Vereins würde man, also Union, schon des Größenwahns“ bezichtigt. Union hat noch keine Aufstiegs-Shirts. Viel zu früh. Und nie im Leben hätte ein Spieler des Klubs so etwas nagzogen. Ob ich das mal bitte im Internetforum des Klubs richtig stellen könne, dass es sich hier um vom Verein ungewollte Werbung für den Verein handele.

Mal abgesehen davon, dass ich als in Braunschweig vor Ort gewesener Reporter keinerlei Einflussmöglichkeiten auf Bildauswahl oder Überschrift gehabt hatte (Was ein Pressesprecher eines Vereins durchaus wissen kann, so er sich denn mit der Arbeitsweise der anderen Seite auseinandersetzt), hielt mich nun eben dieser Anruf von der morgendlichen Pflicht-Lektüre meiner Gazette ab.

Egal. Aufblättern. wenn was schief läuft, muss man schnell reagieren. Und gut. Da war es. Gelbes Leibchen auf rotem Grund. Passte wie angegossen. Montage? Viel zu eng ansitzend. Mein Stutzen hielt auch nicht lange vor, denn die Foto-Autoren-Zeile ließ klar und deutlich erkennen, dass es sich nicht um eine Montage handelte. Ergo musste der Spieler das Shirt tatsächlich angehabt haben.

Und siehe da, auf zahlreichen Bildern der freien Berufsfotografen ist zu erkennen, dass Dogan das Shirt wenig später weiter zusammengeknüllt weiter in der Hand hielt, als er mit seiner im Eintracht-Stadion anwesenden Sippschaft plauderte.

Des Rätsels Lösung: Ein euphorisierter Fan hatte Dogan das Leibchen mit dem Obama-Slogan aufgedrückt. Und er es pflichtbewusst angezogen.

Hatte also nichts mit Übermut oder dem Boulevard nicht uneigenem Übertreibungswahn unsererseits zu tun. Hätte man auch anders rausbekommen können. Aber man musste ja erstmal mit ach so vermeintlich bösen Presse meckern …

Gero

Ich mach mir Sorgen. Um Gero. Gut, ich kenne Gero nicht. Nicht mal ansatzweise. Aber heute morgen wurde ich in der S-Bahn dankenswerterweise ebenso lautstark wie umfassend über ihn informiert. Oder besser gesagt, über seine Probleme. Die mit der Diplomarbeit, meine ich. Darüber bin ich jetzt voll im Bilde. Wobei ich bis vor kurzem gar nicht mal wusste, dass Gero studiert. Aber okay, man lernt ja nie aus.

Aber zurück zum Thema: Die Anzahl der beschrieben Seiten bei Gero tendiert deutlich gegen Null. Mein Gegenüber verstieg sich kurz vor dem Ostbahnhof sogar zu der Behauptung, dass es genau Null seien. Was zwar nichts mit Ostbahnhof zu tun hat, aber dem geneigten Leser zumindest ein visuell fassbares Bild vor Augen führt, falls er über Gero noch keine eigene Meinung haben sollte. Nun ja, der Gero will jetzt irgendwie nicht. Nach Berlin kommen, sich hier helfen lassen. Obwohl es ihm beim letzten Maal gefallen habe. Dabei wurde es ihm doch so schön offeriert. Zitat: „Wenn er mal eine Woche hier wäre, dann könnte man ihm bei den ersten zwei, drei Seiten helfen. Der Rest geht dann von alleine.“

Ich glaube auch noch das Wort Paderborn vernommen zu haben. Aber da kann ich mich auch irren, weil seit Sonntag, als Union von Platz elf auf Rang 2 vorstürmte, das Wort Paderborn allgegenwärtig ist für Eiserne.

Ich finde das wirklich gut, wie offen unsere Gesellschaft mit solchen Problemen umgeht. Gero wird das zu schätzen wissen. Irgendwann einmal. Denn bis dahin war ja eigentlich wichtiger in Nahverkehr zu erfahren, wann denn jemand die Kartoffeln aufsetzen habe. Oder was sonst in der Küche noch fehlt. Oder wie viele Nanosekunden man von der Liebsten entfernt war. Das war immer irgendwie viel zu privat, fand ich.

Und nun könnte man helfen. Endlich. Altruistisch und uneigennützig. Wenn der Typ nicht auf einmal am Ostbahnhof mitsamt dem Gespräch ausgestiegen wäre.

Jetzt steh ich da. Und mach mir Sorgen. Wie es weiter geht. Mit Gero. Hatte ich das irgendwo schon einmal erwähnt?