WM-Fieber

Es geht los. Die Spannung liegt schon in der Luft. Und kein Kneipengespräch, in dem nicht mindestens einmal das ominöse W- Wort  fällt. Sei es ablehnend , von Teilen des holden Geschlechtes (Boah, schon wieder Fußball. Ich dachte, jetzt sei endlich Sommerpause. Jetzt hängst du ja wieder nur vier Wochen vor der Glotze*“). Oder begeisternd zustimmend. Keine Blümlein stand (wetterbedingt) im Revier. Man sah flaggenschmückte Autos dafür. Schland, ’schland, ’schland tönt es landauf und landab.

Ja, das WM-Fieber ist ausgebrochen. 54-74-90-2010!  Absolut. Und es hat geradezu ruinöse Folgen. Kein Ort, an dem man vor einem Tipp-Spiel sicher ist. Ob in den Redaktionsstuben mittels Internet (in der man als Sportreporter schräg angesehen wird, wenn man sich nicht beteiligt), in den Kneipen über altbewährte Fragebögen. Hier mal 5 Euro, da mal nen Zehner. Nicht wirklich viel. Doch ehe man es sich versieht, hat man deren drei oder vier Tipps an  der Backe. Was die Geldbörse im ersten Moment  unmerklich erleichtert, aber von mal zu Mal sich doch akkumuliert.

Mein persönliches Problem ist weniger die sich allmählich einstellenden Aufregung vor dem Abflug auf den Schwarzen Kontinent. Auch die vielen so nett gemeinten Einwürfe („Viel Spaß im Urlaub“, „Pass wegen Aids auf“ oder „Die Anschlagswahrscheinlichkeit wird von den Agenturen auf 80% beziffert“) locken ein mehr oder weniger müdes Lächeln auf meine Lippen. Es mag manche überraschen, aber ich fahre nicht zum Vögeln da hin. Wirklich nicht! Und das letztere kann ich eh nicht beeinflussen.

Nein, was mir Sorge macht, sind die vielen, kleine, eigentlich recht bescheidenen  Wünsche der hier so schnöde zurückgelassenen: Schreibst du mir ne Postkarte dürfte da noch die kleinste Übung sein. Die Bunkine muss auch bedacht werden. Unbedingt. Schließlich sieht sie den Herrn Papa fast fünf  Wochen nicht. Doch Kollege T. möchte schon ein Basecap. Ein anderer Wiederum ein spezielles Rugbyshirt. Nicht fehlen dürfen in den privaten  Wunschkatalogen offizielle Plüschmaskottchen, zahlreiche Programmhefte und FIFA-Broschüren. Und Biltong wird auch nicht unerwähnt gelassen.

Kein einfaches Unterfangen, wenn man ich keinen enttäuschen möchte. Ich mein, ich mag diese Mitmenschen ja. Sonst kämen sie ja auch gar nicht auf den Gedanken, mich nach etwas Erinnernswertem zu fragen. Am besten ich werfe all meine Klamotten am Ende des Turniers weg und fülle meinen Koffer bis zur zulässigen Höchstgrenze von 20 kg mit Souvenirs und Mitbringseln.  Dann sollte ich jeden zufrieden stellen können.

*Kneipe, Freunden, Public-Viewing-Plätzen, andere Plätze Ihrer Wahl