Life is a lemon and I want my money back

Foto: Mario Gröhnert

Hallo, Oh-Tu-Wörld! Schuss nicht gemerkt? It’s only Rock ’n‘ Roll and you dislike it, or what? Mein ja nur. Bestuhlung im Innenraum. Bei Meat Loaf? Um es mit dem Altmeister selber zu sagen: „God damn it daddy! You know I love you, but you got a hell of a lot to learn about rock ’n roll“ „. Es war kein fucking Theatarstück. Kein philhamonischer Auftritt. Und will ich jetzt gar nicht groß von deiner Catering-Versorgung anfangen. Die ist an Auswahl und Geschmack unterirdisch, das weißt du selber.

Schade nur, das ein Held meiner Adoleszenz keine Mühe hatte, sich dem schlechten Niveau des Ambientes anzupassen. Das war nicht mehr der einzigartige Musiker, der uns über drei Dekaden tonal und stimmgewaltig oder auch nur als Schauspieler erfreut hat.

Mit Freuden denke ich an eine Bustour aus Wronki zurück, als das Gefährt die Heerschar von Journalisten am Grenzstau – und dem darin steckenden Hertha-Mannschaftsbus – vorbeisteuerte, mit dem Hinweis, wir würden in der Hauptstadt zu einer dringenden Pressekonferenz erwartet. Drinnen ertönte „I would do anything for love“ als wir fröhlich winkend die Grenze passierten.  Und als die müden Herthaner zu vorgerückter Stunde endlich an Frankfurt/Oder vorbeifuhren, schmetterten wir Höhe Fürstenwalde schon munter  „Objects In The Rear View Mirror“. Was waren das Zeiten.

Und nun? Erschütternd seine Abschiedsvorstellung. Ist vielleicht besser so. Wenn es denn  das Konzept war, immer eine halbe Note zu hoch oder tief am exakten Ton vorbeizusingen, ist es voll aufgegangen. Es war schon bemitleidenswert, wie das Mikro tonnenschwer in seinen zittrigen Händen wackelte. Gern und oft hat der 65-jährige Texaner betont, dass er nicht betrunken auf der Bühne steht, sondern seine körperlichen Defizite vielfachen Gehirnerschütterungen und einer Knie-OP geschuldet sind. Da  möchte man nur aufstöhnen. Ach wärst du doch betrunken gewesen, dann hättest du wenigstens Spaß gehabt. Und dem Image des Rockstars hätte das ja auch nicht wirklich widersprochen.

Johnny Cash hat am Ende seiner Karriere Lieder zum Besten gegeben, die dem brüchigen Ton seiner Kehle entsprachen. Meat Love aber muss sein ganzes Repertoire seiner einstmals Vier-Oktaven-Stimme runterträllern. Gut, dass wenigstens seine Begleiter um Backroundsängerin Patricia Russo ein grandioses Feuerwerk der Sinne abgebrannt haben. Rettete den Abend ein bisschen. Und nein, es stört mich kein bisschen in meiner Einschätzung, dass das Publikum es gut fand. was blieb ihnen anderes übrige, sie hatten viel für die Tickets gezahlt. Verdammt viel. Da kann man sich nicht einfach von einer gruseligen Vorstellung des Hauptactes die gute Laune vermiesen lassen.

Doch bevor ich hier alles niedermache. Es verdient ein Bienchen, dass Meat Loaf sich über zweieinhalb Stunden durch die Show quält. Er schenkt sich und seinem Körper nichts.Doch der will nicht mehr, brüllt ein nicht zu überhörendes „Stop right there“ aus sich hinaus.

Auch die Idee im zweiten Act des Abends sein Milllionen-Bestseller-Album „Bat out of Hell“ komplett durchzuspielen, war grandios. In der Theorie. Doch all die Einspielerchen. Diese Homage alter Wegefährten wie Jim Steinman oder Ellen Foley an den großen Barden. Es wirkte wie eine 80er-Jahre-Retro-Show im Fernsehen. Wie ein Requiem auf einen längst von uns gegangenen Künstler. It just wont‘ quit.

Doch mal ehrlich, was sollte der Unsinn mit der Trikolore am Ende? Ei8en Gitarre in schwarz-rot-Gold? Das überdimensional eingeblendete Banner. Selbst die drei hinter ihm aufgestellten Hocker waren fein säuberlich in den Farben der Lützower Jäger und des Hambacher Festes gehalten. This ist not God’s own Country, sondern Good ol‘ Germany. Mit Hurra-Patriotismus a la Star spangeld Banner haben wir es nicht so.

 

PS.: Anderen hat es gefallen. Mir nicht. Und jedesmal, wenn ich jetzt eine CD im Auto einlege, habe ich das Bild eines Mannes vor Augen, der nicht wusste, wann es Zeit war, aufzuhören.

Von toten Pferden

„Wenn dein Pferd tot ist, musst du absteigen.“ Weise Worte eines, ich glaube, 13-Jährigen die mich neulich via E-Mail erreichten. Sie zeugten von Verstand einer Sache nicht länger nachzuhängen, die eh hoffnungslos verloren ist. (Vielleicht sollte ich mir davon in Sachen Liebe eine dicke Scheibe abschneiden).

Und doch stimmten sie mich nachdenklich. Sehr nachdenklich. Sie fielen nämlich im Zusammenhang mit Herthas selbstverschuldeter 1.2-Heimpleite beim Relegationsspiel gegen Düsseldorf. Und implizierten, dass man, was Fußball anginge, künftig die Seiten zu wechseln gedenke. Also weg von Blau-Weiß, hin zu Rot-Weiß. Zum 1.FC Wundervoll.

Der erste Gedanke war. Na prima. Noch ein Eventfan mehr, der die Stimmung in Köpenick irgendwann einmal  wandeln könnte. Echte Liebe hält sich aber nicht an Spielklassen oder Erfolgen fest. Right or wrong, my country! Ein Unioner steigt auf und wieder ab, auf und wieder ab. Und verkraftet das.

Hey. Es ist nie zu spät für eine Resozialisierung. Dazuzulernen ist eine Kunst. Und warum sollte ein 13-Jähriger in seinem Weltbild schon dermaßen gefestigt sein, dass er einmal getroffene Entscheidung – hier auch durch seine Mutter begünstigt, die sich lieber im Olympiastadion tummelte denn an der Alten Försterei – Zeit seines Lebens mit sich rumschleppen muss? Es muss ja noch nicht zu spät sein, diese andere Art der Fußballkultur für sich zu entdecken und lieben zu lernen.