Bastelanleitung als Liebeserklärung.

Um es vorwegzunehmen: Ich wollte dieses Buch nicht lesen. Diese „Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt.“ Allein schon deshalb, weil ich Liebe nicht erklärt bekommen möchte, sondern erleben will.  Fühlen will. Schwerwiegender noch: Als ich „111 Gründe, den 1.FC Union Berlin zu lieben“  das erste Mal in den Händen hielt, hatte es einen nahezu gleichnamigen Begleiter in blau, der sich mit einem Charlottenburger Verein beschäftigte. Eine kurze Recherche später musste ich feststellen. Das ’schloburger Druckerzeugnis war nicht der einzige seines Typs. Identische Klone für nahezu jeden Fußballverein, der ein wenig mehr Historie als die TSG 1899 oder der Rote-Brause-Verein aus Leipzig aufweisen konnten, drängten zu Hauf auf den Markt. 08/15 also würde mich erwarten. Nee, dann doch lieber auf den ebenso fleißigen wie stets etwas nörgelig daherkommenden Wegbegleiter Matze Koch und dessen epochales Werk „Immer weiter ganz nach vorn“ warten. Der nicht gerade für seine eiserne Zurückhaltung bekannte Quasi-Monopolist der modernen Union-Berichterstattung würde mit Anmerkungen zum Ist-Zustand des 1.FC Wundervoll nicht hinter dem Berg halten. Und da das seit mindestens zwei Jahren immer ein Gesprächsthema auf unseren zahlreichen Auswärtsfahrten gewesen ist und sein wird, könnte ich im Grund auch darauf warten.

Unabhängig davon muss ich noch anmerken: Ich mag keine Fußballbücher. Sie langweilen mich. Auch wenn ich ein paar davon gelesen haben. Frank Willmanns einstmals als Union-Bibel willkommenen geheißenes „Eisern Union“ zum Beispiel. Den Titel Bibel verspielte er sich trotz Aktualisierung und einiger Nachträge durch ein Werk über den DDR-Rekordmeister. Ein Verein, der bei Unionern namentlich nicht stattfindet. „You know who …“  Auch die danach entstanden Bände, beispielsweise von Tino Czwerwinski und Gerald Karpa, habe ich mir reingezogen. Auch Sam Pfaffs Karikaturenbuch „Voll dit Leben – Eisern Union“, welches – strenggenommen – kein Fußballbuch ist, sondern eine gezeichnete Homage an die Eisernen. Und natürlich auch das geniale Oranje brillant von David Winner, ein Buch, das so betörend sein soll wie eine Körpertäuschung von Johann Cruyff. Doch nichts von alldem hat mich so überzeugt wie der Godfather der Fußballautoren, Nick Hornby, mit seinem Fußballfieber.

Aber da lag es nun vor mir. Und der „lack of better things to do“ trieb mich dazu, es aufzuschlagen. Dies aber, wie oben angemerkt, anfangs eher mit Widerwillen denn Begeisterung. Denn allein der Titlel machte schon deutlich, es konnte sich nur an eine einzige Zielgruppe richten. Die der unerschütterlichen, im Glauben festen Eisernen.

Womit ich – bei aller innigen Zuneigung – schon immer ein Problem hatte. Im aktuellen Merchandise-Katalog gibt es eine sehr ehrlich Seite. Selbstverliebt? Steht da. Und wird mit einem fetten ausdrücklichen Ja! beantwortet. Eben in diese Kerbe schlägt Nussbückers Buch auch. Es überhöht – wenn auch qua Auftrag – den eigenen Verein und steht damit nicht zwingend für gelebte Toleranz in der Fußballkultur. Etwas, das meines Erachtens dringender denn je bewahrt werden sollte. Nicht nur bei Union.

Kritik oder dergleichen war also bei Nussbücker eher weniger zu erwarten. Und reine Lobhudelei ist nun mal nicht mein Ding. Allein schon der Titel las sich wie ein „Union für Anfänger“. Ein moderner Do-it.yourself-Ratgeber, der sich den „Nachfahren der Schlosserjungs“ widmete, weil sie eben gerade trendy und hip sind. Die kleine Bastelanleitung: So werde ich ein  voll cooler Rot-Weißer. Scheiß Kommerz, so mein erster Gedanke..

Ich will es jetzt nicht mit Marcel Reich-Ranicki halten und von einem bemerkenswerten Buch sprechen. Aber es hält imho  weitaus mehr, als es auf den ersten Blick verspricht. Vielleicht die größte Stärke des Buches ist es, dass es eben nicht als Chronik daherkommt, die von den langwierigen Anfängen in grauer Vorzeit erzählt, sich mühsam durch die Fallstricke der Historie windet und dann endlich in der Gegenwart einen Heiligenschein ausbreitet. Häppchenweise werden von Nussbücker bunte Anekdoten ausgebreitet. Man kann das Buch jederzeit weglegen, dort weitermachen, wo man aufgehört hat. Oder einfach an einer x-beliebigen Stelle wieder anfangen zu lesen.

Und so hangelt man sich munter durch. Grinst. Nickt beifällig, wenn man sich und/oder die eine oder andere Episode wiedererkennt.

An einer Stelle bin ich übrigens fast persönlich ein kleines bisschenbeleidigt. Nussbücker hat bei seinen Recherchen natürlich auch auf zeitgenössische Druckerzeugnisse zurückgegriffen. Und so findet sich auf Seite 263 unter der Fußnote 28 ein Artikel von mir aus dem Kurier als Quelle. Ein gewisser MB – so mein Kürzel bei meinem Brötchengeber – hatte sich einer simulierten Vollkörperkontrolle unterzogen. MB? Wtf?  Nussbrücker macht sich nicht die Mühe, den Klarnamen zu verwenden, sond ern nutzt ungerührt das Zeitungskürzel. Hätte ja auch Arbeit erfordert, diesen rauszufinden. Schließlich schreibt MB erst seit 14 Jahren über die Eisernen. Muss man nicht wissen …

Und so erscheint ein  gänzlich der Union-Affinität unverdächtiger  BZ-Autor an anderer Stelle als veritablere Quelle für die Geschichte der Eisernen,  der maximal in der Urlaubszeit –  wenn all seinen eisernen Kollegen mit Abwesenheit glänzen, –  in voller Schönheit und Gänze seines Namens mal ein Artikelchen über die Köpenicker verfasst hat. Obwohl er streng genommen so viel mit den Rot-Weißen zu tun hat, wie Eisbären am Südpol zu finden sind.

Künstlerpech, möchte man meinen. Doch es offenbart auch etwas anderes. Nussbücker hat sich bei seinen schnellen Forschungen zum Buch wohl im Wesentlichen auf im Internet zugängliche Quellen gestützt. Dieser Fundus wuchs exponential an mit der Neuzeit. Folglich schlägt sich das auch in seinem Werk nieder. Das bedruckte Papier, so es denn nicht aus der Hand der Programmierer war, hat er weniger verwendet. Und bei gerade oben erwähntem Beispiel merkte man ihm deutlich an, dass er nicht vor Ort war bei der simulierten Kontrolle. Ob unsere Ultras da mit mir glimpflich umgesprungen sind – Beispiel Karton unten den Füßen – oder ich ihnen Ideen für bessere Fotos aufnötigte, um die Geschichte besser ins Bild setzen zu können, weiß Nussbücker nicht. Hindert ihn aber nicht daran, darüber ein Urteil zu fällen.

Nussbrücker will unterhalten. Das gelingt ihm. Zweifelsohne.Schön seine selbstironischen Anmerkung zur Handhabung von glücksbringenden Ritualen beim Stadionbesuch (Seite 174 f.).  Doch manchmal bleibt er dabei an der Oberfläche. Es ist eben nicht – wie auf Seite 51 erwähnt – ein rammsteinwürdige Gitarrenwand zwischen dem Theater-Intro und der Nina-Hagen-Hymne, es ist Rammstein. Mit ein Grund, warum die Gesamtlänge nicht im offiziellen Handel zu finden ist. Denn die Musiker um Till Lindemann dulden diesen liebenvollen Missbrauch, nicht aber die kommerzielle Nutzung. Was aber auch irgendwie verständlich ist.

Ein weiteres Manko seiner Erzählungen. Er ist nicht zwingend des Auswärtsfahrens verdächtig. Der Bewegungsradius bei Gastspielen scheint  maximal entlang der Spree zu verlaufen. Und so entgehen ihm natürlich einige hübsche Anekdoten entlängs der Reiserouten durch diese Republik. Die Sonderzüge des V.I.R.U.S. beispielsweise, die auf einigen Rücktouren hübsch von der Mannschaft begleitet wurden. Auch den Drachenboot-Fun-Cup fand ich nicht wieder oder habe es überlesen. Egal. Alles Gute kann eh nie zusammenkommen.

Man merkt aber, dass Nussbücker – obgleich Altfan laut Selbstauskunft – stellvertretend für die Kategorie der 21-Jahrhundert-Unioner steht. Also derjenigen, die nach 2005/06 den Weg an die Wuhle fanden. Manche mir in 14 jähriger Arbeit liebgewonnene Namen tauchen gar nicht oder höchst spärlich auf. Steffen Baumgart beispielsweise. Sven Beuckert. Oder Ronny Nikol und Tom Persich. Frank Pagelsdorf wird nicht erwähnt. Georgi Wassilew höchtens en passant.

Übrigens ist dieser Leitfaden für Union-Besucher trotzdem gar nicht so übel. Er ist in einem amüsanten Stil geschrieben. Locker. Leicht verdaulich. Und er konfrontiert Gäste, Gelegenheitsbesucher und Groundhopper durchaus mit Union spezifischen Eigenarten, die man sich immer vor Augen halten sollte, wenn man an der Alten Försterei weilt. Ein Buch, das auch später Geborenen oder aus anderen Bezirken denn Ostberlin stammenden Fußballfreunden einiges klar macht und einem die eiserne Kultur näher bringt. Es ist halt nicht nur eine Homage für Eiserne, sondern auch eine Bastelanleitung für Neu-Unioner und solche, die es werden wollen. Eine humorvolle zwar, aber.eben eine Bastelanleitung. Aber Basteln muss ja kein schlechter Zeitvertreib sein. Zumal das Büchlein mit seinen 9,95 Euro durchaus erschwinglich daherkommt.

 

P.S. Kuriosum am Rande: Sowohl Nussbücker als auch Frank Willmann kommen aus Thüringen. Besagter Matze Koch hält es – obwohl Berliner – auch mit „Blau-Gelb-Weiß …“ Schon komisch, dass so viele eiserne Buchautoren irgendwie mit CZ ena verbandelt sind.

Nippes

Na logo bin ich Fußballfan. Daraus habe ich nie einen Hehl gemacht. Und schon gar nicht darum, für wen mein Herz schlägt. Doch unabhängig davon gehöre ich nicht zu den Leuten, deren Heim in einen Heilig Schrein umgewandelt wurde. Die Devotionalien sind eher spärlich gesät. Ein Triplefahne hängt als Staubwedel irgendwo in einem Bücherregal herum. Und da auch weniger aus Flagge-zeigen-Gründen als aus einem bierseligen Moment heraus, weil ich bei zwei der beiden Finales live im Stadion dabei war und vor allem den DFB-Pokal feinsterweis mit Gerstenkaltschale und so rechts neben der VIP-Tribüne genißene konnte. Hinterher wollte ich das gute Teil nicht wegschmeißen, weil es doch auf seinem langen Weg vom Oly bis zum Ostkreuz ein treuer Begleiter gewesen war. Zumindest hatte es gegen seine Entführung nix gesagt und auch sonst nicht groß widersprochen.

Ansonsten schmückt mein Domizil nicht viel. Zwei kleinere Wimpel hängen halb versteckt hinter einer Küchenrollenhalterung. Die Trikots, die ich mein Eigen nenne, sind säuberlich hinter einer Schranktür verborgen. Und auch von zahlreichen alltagstauglichen T-Shirts ist mir das eine das Liebste, das nicht mit dem Vorschlaghammer den Fan anzeigt. Alte Försterei – Selfmade in Köpenick“ verkündet es die Botschaft über dem Wappen des heutigen Stadtbezirkes. Eine Botschaft, die Unwissende eh nicht dechiffrieren können. Und die Erleuchteten nicken wissend und beifällig.

Und doch hat sich Laufe der Jahre allerhand Nippes und Plunder angesammelt. Kleine Buttons wie der von S.E.O.N. Oder ein nie im Handel gewesenes Plektron. Auch ein geschenkter Bärchenpin. Dazu einige  Kaffeetassen aus Milchglas mit mattem, dezenten Logo, die es heute nicht mehr gibt. Und die natürlich obligatorischen Bierbecher mit rot-weißen Stadionmotiven, die man aber auch von Rockkonzerten gern als Souvenir nach Hause schleppt. Erstaunlicherweise sind sogar ein paar Kleinigkeiten von den Millerntorkickern mit in meiner Bleibe gelandet. Und zwar deutlich mehr als vom Stern des Südens. Beispielsweise eine schwarze Gummiente mit Totenkopf-Motiv und rotem Schnabel, die zusammen mit ihrem roten Gegenstück im Badezimmer vor einer Berlin-Flaggen-Seife ihr Unwesen treibt.Was die beiden sich des Nächtesn wohl zu erzählen haben. Da möchte man doch mal Mäuschen spielen.

Nicht viel also, wenn man bedenkt, dass ich seit 14 Jahren den Eisernen folge. Zunächst nur rein beruflich. Dann aus Leidenschaft. Am Ende auch als Stadionbesitzer. Aus Überzeugung. Alles ganz dezent. Und das ist auch gut so. Muss ja nicht jeder, der meine Feste betritt gleich durch meine Vorlieben erschlagen werden.

Tisch Bunki

Ich hab’s geschafft. Endgültig. Der Eintrag in die Ruhmeshallen ist mir nicht mehr zu nehmen. Doch, doch. Und ich bin auch ein kleines bisschen stolz drauf. Gibt ja so Sachen, die sind nicht zu bezahlen. Und für alles andere gibt es ja bekanntlich Mastercard.

Ich bin keine austauschbare Nummer mehr. Sonder endgültig angekommen im Olymp der Unverwechselbarkeit. Der Gastronom meines Vertrauens hat mich- gottseisgetrommeltundgepfiffen –  final geadelt. Zu recht. Als Ehrenvorsitzender des Komitees zur Unterstützung notleidender Wirte – eien Aufgabe, die ich ernst nehme –  trug ich meine Bestellung immer schon zielgerichteter vor als andere. Ein sonor vorgetragenes „303  für die 17“ und schon schäumte der kühle Gerstensaft standesgemäß vor mir auf dem Tische, ohne dass der arme Keller den mühevollen Umweg des Übersetzens in seinem Gehirn (Ein Radeberger – also 303  – auf  Bunki bonieren, der an Tisch 17 sitzt) gehen musste. Das ist nicht mehr nötig. Solcherlei kryptische Hieroglyphen gehören endgültig der Vergangenheit an. Egal übrigens, wo ich Platziert werde. Denn künftig bin ich – siehe unten – mein eigener Tisch.

Wenn dir St. Pauli auf den Geist geht …

http://youtu.be/VkdyFPMbUGE

 

Ja, doch. Ist klar. Von wegen Blutsbrüder und so. Geht euch auf den Sack, okay. Man muss St. Pauli ja nicht gut finden. Keineswegs. Aber hört endlich auf, uns  – denen das nicht so geht – aufoktroyieren zu wollen, dass die Kiezkicker scheiße sind.

Es geht einem auf die Nerven. Akzeptiert doch endlich auch einmal, dass es nicht zu verachtenswerte Mengen  in der Fanlandschaft des 1.FC Wundervoll gibt, die dererlei offene Ablehnung nicht teilen. Und die mündig genug sind, einen anderen Klub eventuell auch zu mögen, ohne sich damit im geringsten angebiedert zu haben.

Und mir ist schon klar, dass ihr nicht hören wollt, dass die Jungs vom Millerntor 2004 weit vor den Bayern und der alten Tante für einen Benefizkick zur Verfügung standen, als es darum ging Union die Lizenz zu retten.

Gründet ruhig eure Facebook-Gruppe, aber verschont mich mit Einladungen dazu. Findet alles außer Union scheiße und erklärt mir mal, warum ihr dann zu Fußballspielen geht, wenn der Gegner euch ohnehin nur am Allerwertesten vorbeigeht.

Geht es nicht auch mal anders als immer nur Wir gegen Die? Kann man das nicht auf einige wenige Klubs beschänken, bei denen die Abneigung historisch gewachsen ist. Muss man sich immer wieder neue Feindbilder suchen, weil die alten abhanden gekommen sind? Man kann Fußball auch genießen, indem man nur für etwas ist, nicht gegen. Nur mal so nebenebei.

Diese ostentative, lautstarke  Ablehnung eines Gegners, mit dem einen nicht der geringste Konflikt verbindet – es sei denn ein politischer. Und Politik sollte doch aus dem Stadion rausbleiben, wenn ich mich recht entsinne -, spielt doch nur den Herren Ordnungshütern in die Hände,. rechtfertigt deren Massenbetriebsausflüge und deren obligatorische Litanei über zu hohe Kosten.

Je lauter ihr krakelt, desto mehr werden die sich die Hände reiben und auf ihre unabdingbare Massennotwendigkeitspräsenz verweisen.

Kann man nicht einmal einfach ein Spiel um des Spieles Willen genießen? Den Wunsch nach einem tollen Stadionerlebnis im Vordergrund stehen lassen? Sich darüber zu freuen, dass es auch Kicks gibt, bei denen nichts passiert. Passieren muss. Bei denen man im Vorfeld gar nicht auf den Gedanken kommt, dass da was anderes los sein sollte als ein Fußballfest, das am schönsten mit einem fetten Dreier zu zelebrieren ist, bei dem aber der Bessere halt gewinnen soll.  Zu denen man eventuell auch seine sonst nicht so Stadion affine Tochter guten Gewissens mitnehmen könnte, um ihr zeigen kann, Fußball ist nicht so, wie ein gewisser Gewerkschafter der Polizei laufend zu suggerieren versucht.

Hört also endlich auf, meinereinem und Co. den Spaß verderben zu wollen, indem ihr uns vorschreibt, wenn wir zu lieben oder zu hassen haben.

 

Bleibt das immer so

Der erste Ton ging unter im Jubelsturm der Menge. Da stand sie nun da. Im Rampenlicht. Gefeiert von den Massen. AnNa R. Die Frau, durch die ich der Bunkine gegenüber wortbrüchig geworden bin. Werden musste. Ich hasse das. Pacta sund servanda. Und normalerweise gebe ich keine Versprechen, von denen ich nicht weiß, ob ich sie erfüllen kann.

Doch nichts von alledem tut mir leid. Denn diesmal war es wirklich nicht meine Schuld. Echt nicht.

Nun gut, man könnte mir vorwerfen dass die frühkindliche Musiksozialisation meiner Tochter völlig schiefgelaufen ist. Nur weil ihre beiden sich sonst nicht immer so einigen Altvorderen voll krass auf Rosenstolz standen, hätte man die zarten Kinderohren damit nicht malträtieren müssen. Doch da wir unseren Erziehungsauftrag nun schon einmal schmählich vernachlässigt hatten, lag nix näher, als dem Kinde das Objekt der Begierde persönlich vor Augen führen zu wollen, sprich der damals fast 10-Jährigen einen Konzertauftritt des Duos in der Freilichtbühne Wuhlheide zuzumuten.

Es war – Sie können es sich denken – ein voller Erfolg. Mochten die Augen auch fast zuklappen zu vorgerückter Stunde, die Erlaubnis die Bühne zu verlassen, ward nicht erteilt, bevor der letzte Akkord verklungen war. Endgültig angefixed, das gute Kind. Natürlich ließ mich ihre  vorgetragene Textsicherheit mit stolzgeschwellter Brust verkünden, dass wir im kommenden Jahr selbstmurmelnd ein weiteres Mal AnNa R. die Königin auf unserer Bühne sein würden lassen. Ein leichten Herzens gegebenes Versprechen, da sie Irgendwo in Berlin immer ihr Unwesen getrieben hatte, seit ich 1996 erstmals auf sie aufmerksam geworden war. Für die Bunkine war allein schon das Versprechen an sich eine – bescheiden wie sie nun mal ist – Überdosis Gück.

Es kam – Sie ahnen es aufgrund der weiter oben gemachten Ausführungen –  Anders als geplant. Sie kamen und gingen. Erst fanden die Konzerte nur unter der Woche statt, was einem Schüler jüngeren Baujahres nicht zwingend als Termin anzubieten war. Ein Hosenkonzert in der Waldbühne als Ersatz war zwar nett, aber auch nur Irgendwo dazwischen. Jedenfalls nicht AnNa und Peter. Dann  kam ein erstes Burnoutsyndrom weiblicherseits. also Anna, nicht die Bunkine. Nur einmal noch, wollten wir ihr entgegenrufen. Doch sie vernahm unser Flehen nicht.  Vielleicht auch, weil sie um unsere Existenz gar nicht wusste. Am Ende wollte dann  der Herr Plate auch nicht mehr so recht. Mittlerweil stellte sich recht unbarmherzig die Frage  Wie weit ist vorbei?.  Als Wir sind am Leben erschien, schien das zunächst als großes Versprechen. Die Hoffnung kehrte zurück. Aber eine Rückkehr auf die Bühne fand nicht statt. Und aus den ganzen Trennungsgerüchten wurde dann bittere Wahrheit. Plötzlich wacht man auf und Es ist vorbei.

Doch irgendwo ist immer Licht am Ende des Tunnels. Und  da stand ich nun vor der neuen Hoffnung. Sicher, Gleis 8 war nicht Rosenstolz. Und als ich das erste Mal die CD anhörte, war ich seltsam enttäuscht. Das war Anna. Ohne jeden Zweifel. Und doch nicht dasselbe.  Es fühlte sich falsch an. Allein schon wegen des Wettrennens, das sie und Peter sich geliefert hatten, wessen Soloprojekt denn als erstes auf dem Markt erscheinen würde. Peter legte zwar mit „Schüchtern ist mein Glück“ vor, aber es war wie immer auf den Konzerten. Einzelne Lieder waren unabdingbar. Und sei es nur, weil Anna so die nötige Zeit fand, ihr Bühnenoutfit mal wieder einem Wandel zu unterziehen. Aber Peter einen ganzen Abend lang zuzuhören, ne, das ging dann irgendwie doch nicht.

Musste ich auch nicht. Zumal mir auch der kleine Silberling von mal zu mal immer besser gefallen hatte. Und nun live. Gleis 8 waren großartig. Gitarrenlastiger als Rosenstolz.Härter. Nicht so balladesk. Was ich ja anderenortes auch schon mal beschrieben hatte. Das längst verloren geglaubte Gefühl war wieder da. Das Astra als Location perfekt. Nicht zu groß, nicht zu klein. Es hatte was von einer Retrotour. Sozusagen zurück zu den Wurzeln, als Anna und Peter in kleineren Clubs aufgetreten waren und noch nicht mühelos die Kindlbühne in der Wuhlheide füllen konnten.

Routiniert wurde sich nach überwundener Anfangsnervosität am Publikum abgearbeitet, ohne dass es sich veralbert vorkam. Kokett und sinnlich die Texte. Mal nachdenklich und dann beschwingt.  Man merkte, da standen ein paar Musiker auf der Bühne, die vor allem eins hatten: Wirklich Spaß an ihrer Arbeit. Und so ihr Publikum mitnahmen.

Auch ich erwischte mich dabei, dass ich mit dem iPhone versuchte Momentaufnahmen für die Ewigkeit zu erstellen. Wohl wissend, dass am heimischen PC das alles nicht halb so gut rüberkommt wie live und in Farbe. Selbst meine Begleitung, der deutschen Zunge als junger, gerade mal zwei Wochen ins Land eingereister US-Bürger nicht im geringsten mächtig, ist erbaut, verzichte dankend auf meine textlichen Übersetzungen, um sich allein den Rhythmen hinzugeben. Und mit jedem Lied mehr steigerte sich beim Zuhören der Wunsch, dass doch bitte, bitteschön da vorne nicht zu früh aufgehört wird.

Ein frommer Wunsch. Wer nur ein Album auf seiner Seite hat, der kann kein Füllhorn über einen ausschütten. Ist halt so. Auf alte Rosenstolz-Ergüsse wartete man daher vergeblich. Anders als eine Tarja Turunen hat AnNa R. sich nicht aus dem reichhaltigen Fundus altgedienter Songs bedient, um das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Aber das war ja irgendwie auch klar. Gleis 8 hatte im Vorfeld schon genug damit zu tun gehabt, diese Vergleiche möglichst weit klein zu halten. Und wenn man es unbedingt will und genug darüber weiß, dass Peter der Marketender unter den beiden und am Ende der treibende Keil in der Trennung gewesen ist, kann man „Geh mit dem Teufel trinken“ durchaus als eine Abrechnung mit ihrem alten Gspusi sehen.

Was muss sich ändern, damit alles bleibt wie’s ist?, fragt Gleis 8 in einem ihrer Songs. Eigentlich nichts. Nur weitermachen müssen sie. Und dann vielleicht auch mal mit Terminen, an der die Bunkine kann. Denn wie es der Zufall wollte, auch diesmal war sie verhindert.

Eiserne stürmen den Bundestag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es hat ein bisschen was von Bert Brecht. „Stell Dir vor es kommt Krieg und keiner geht hin – dann kommt der Krieg zu euch.“ Oder auch: Wenn die Politk aus dem Stadion raus muss, zuletzt ja ein durchaus kontrovers diskutiertes Thema, dann muss der Fußball eben in die Politik. 😉  Denn wer immer auch am 22. September bei der Bundestagswahl das Direktmandat für den Wahlkreis Treptow-Köpenick gewinnt, der Sieger steht bereits vorher fest. Es ist der 1.FC Wundervoll.Doch, doch!

Denn wohin man auch schaut, bei den großen Parteien kandidiert eine eiserne Troika. Für die Linken will Gregor Gysi (65) sein Mandat verteidigen. Der ist seit November 2011 Mitglied beim 1.FC Union, weil er den seinerzeit über Aktien cofinanzierten  Tribünenneubau der Köpenicker fördern wollte. Kommen wir vom linken zum rechten Flügel. Dort stürmt mit Fritz Niedergesäß ein langjährige Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (1990 – 2006). Über eine Dekade war der alte Fritz (Jahrgang 1940) im Aufsichtsrat der Eisernen tätig.

Und auch der gute alte Sozi Matthias Schmidt, geboren 1963,  ist wahrlich kein uneisernes Blatt. Der gebürtige Hesse, der seit 1991 in der Hauptstadt weilt, ist nicht nur Mitglied beim 1.FC Union, sondern war phasenweise auch aktiver Kicker  bei der AK40 zugegen.

Mit anderen Worten: Köpenick, du hast zwar die freie Wahl. Aber Eisern siegt immer. 😉 Wobei allein aus biologischen Gründen lediglich dem Herrn Schmidt zugetraut werden könnte, dass er es noch wie weiland Fürst Otto von B. bis zum eisernen Kanzler schafft.

Ich kann’s nicht mehr hören

Überall das Gleiche. Egal welche Gazette man aufschlägt. Vom Fachblatt bis hin zum Boulevard. Es geht mir auf den Keks. Aber so was von. Alle Neuzugänge. Bis hin zum Zeugwart und seinem Hund! Die passen. Menschlich vor allem. Sportlich sowieso. Und wie schnell die alle integriert sind, wow! Als wären sie immer schon da gewesen. Und natürlich hat man immer ganz toll auf den Charakter geschaut. Alles feine Kerle. Landauf, landab.  Darauf hat man ja geachtet bei den Klubs,  wurde keiner der Verantwortlichen müder zu betonen. Die Schwiegermütter der Republik müssten begeistert sein, so sie sich denn für das schnöde Gekicke interessieren. Alles wird gut. Alles wird galaktisch gut.

Ganz ehrlich. Ich kann’s nicht mehr hören. Dieses hohe Lied der tollen Stimmung. Diese Sommerpausen-Transfer-Harmonie-Zeit ist einfach nur  langwelig. Und richtig ermüdend. Weil sich die Sätze gleichen wie ein Ei dem anderen. Monotonie halt. Gut, dass endlich wieder der Ball rollt. Zumindest in Liga zwei.

By-by Landlord

Es war einmal ein schönes Spiel

Für’s iPhone. Was mir sehr gefiel.

Es brachte Kurzweil, machte Spaß.

Dann änderte sich erst dies, dann das.

Und all die Reisen waren vergebens

Die viel’n Momente meines Lebens

In dem ich all die Venues fand

Die Reichtum mehrten voll Verstand.

Zu kaufen sie ein drittes Mal,

Zu viel der großen Seelenqual

Drum werde Adieu ich sagen hier

Landlord, es war schön mit dir